"Ich habe die Regeln geändert"

Trier · Die Uni Bonn will am Mittwoch mitteilen, ob dem saarländischen FDP-Europaabgeordneten Jorgo Chatzimarkakis wegen Plagiatsvorwürfen der Doktortitel aberkannt wird. Bei einem Vortrag in Trier ging er darauf ein.

Trier. Auf den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist Jorgo Chatzimarkakis nicht gut zu sprechen. Der, so sagt der 45-jährige FDP-Europaabgeordnete aus dem saarländischen Perl, habe "die Preise versaut". Und zwar wegen seines Rücktritts nach dem Auffliegen der Plagiatsaffäre. Zwar findet der Europaparlamentarier, der sich gerne auch Chatzi nennen lässt, den Rücktritt von Guttenberg richtig. Aber seitdem glaube man in Deutschland, dass jeder, der im Verdacht steht, es mit seiner Doktorarbeit nicht so genau genommen zu haben, von seinen politischen Ämtern zurücktreten müsse. Zuletzt hat es Chatzimarkakis Parteifreundin und Parlamentarier-Kollegin Silvana Koch-Mehrin getroffen. Sie hat, bevor ihr der Doktortitel aberkannt worden ist, alle ihre politischen Ämter abgegeben, bleibt aber noch Europaabgeordnete. "Ich", sagt Chatzimarkakis, "gebe nicht einfach so auf." Er bleibe stehen, lasse sich nicht "öffentlich enthaupten", ruft er den rund 50 Zuhörern, überwiegend Studenten, im Hörsaal 5 der Trierer Uni zu. "Was glauben Sie eigentlich, welche Wirkung solche Fälle auf das politische Personal haben?", fragt er. Unter diesen Umständen habe doch kaum ein Akademiker mit Doktortitel Lust darauf, in die Politik zu gehen.
Eigentlich geht es an diesem Abend um Griechenland, darum, wie dem Land geholfen werden kann (siehe Extra). Doch gleich zu Beginn seines Vortrags kündigt der Deutsch-Grieche an, dass er auch was zu dem Thema sagen werde, "das Sie sicherlich auch interessiert". Ein Thema, das ihn offenbar selbst nicht mehr loslässt. Bevor er in den Hörsaal geht, steht er davor, das Handy am Ohr. Es fallen Worte wie Promotionsordnung, Täuschung, Rechtsauffassung. Danach dauert es dann noch gute 90 Minuten, bis er auf das Thema zu sprechen kommt. Zuvor hat sich keiner der Zuhörer getraut, ihn direkt darauf anzusprechen. Der unter Plagiatsverdacht Stehende rät den Studenten, "immer so korrekt wie möglich zu zitieren". Ein Ratschlag, der nicht gewisser Ironie entbehrt. Einige der Zuhörer schmunzeln.
Chatzimarkakis, der angibt, Vizepräsident der Weltvereinigung der griechisch-stämmigen Abgeordneten und Vorsitzender der deutsch-helenischen Wirtschaftsvereinigung zu sein, gibt unumwunden zu, beim Verfassen seiner Doktorarbeit "die Regeln geändert" zu haben. Um sie lesbarer zu machen, habe er Zitate, nicht wie üblich in den Text eingerückt, sondern sie in den Fließtext einfließen lassen, manchmal auch ohne Quellenangabe. Sein Fall liege aber anders wie die anderen, sei ein "schwieriger Fall". Und dann wird er vom vermeintlichen Täter zum Opfer, anders als noch am vergangenen Sonntag in der ARD-Talkshow "Anne Will", als er alleine auf der Anklagebank gesessen hat. Statt sich zu verteidigen, greift er an - und zwar die Betreuer seiner Doktorarbeit der Uni Bonn. Die hätten ihn "durchgewunken", hätten gewusst, dass seine Arbeit nicht den wissenschaftlichen Gepflogenheiten entspricht. Dafür hätte er ja auch die zweitschlechteste Note, befriedigend, bekommen. Vielleicht, so deutet er kryptisch an, werde es am Mittwoch, wenn die Bonner Uni mitteilen will, ob ihm sein Doktortitel aberkannt wird, womöglich eine "überraschende Wende" geben. "Ich wünsche Ihnen, dass Sie ihren Doktortitel behalten, aber sauber war es nicht, was Sie gemacht haben", meint eine Studentin. Mit Elektroautos und einem Herkulesplan will Jorgo Chatzimarkakis dem angeschlagenen Griechenland helfen. Die Autos sollen auf der griechischen Ferieninsel Kreta fahren, um so den umweltfreundlichen Tourismus dort zu fördern und sein Heimatland zum Vorreiter der Elektromobilität zu machen, sagte der Europaabgeordnete bei seinem Vortrag an der Trierer Uni auf Einladung der Jungen Europäischen Föderalisten. Außerdem will er sich dafür einsetzen, dass auf Kreta Photovoltaikanlagen produziert werden. Und er hat einen sogenannten Herkules-Plan. 30 Milliarden Euro soll die EU aus Fördertöpfen nach Griechenland schicken. Das Geld soll in die Gesundheitswirtschaft, in Tourismus, erneuerbare Energien und die Reform der Steuerverwaltung fließen. 200 EU-Beamte sollen auf Zeit der griechischen Verwaltung dabei helfen. Auch er wäre bereit, nach Griechenland zu gehen, sagt Chatzimarkakis. wie

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