Im Gespräch

Was waren das doch noch traumhaft schöne und unbeschwerte Zeiten für Politiker, als Zeitungen (wie andere Medien auch) noch nicht auf eigene elektronische Archive zurückgreifen konnten, was übrigens gar nicht so lange her ist - erst rund ein Jahrzehnt.

Artikel mit ihren wörtlichen Zitaten landeten damals zunächst in Regal-Labyrinthen unter täglich anwachsenden Papierbergen, wo sie mit der Zeit immer schwerer zu Tage zu fördern waren, ehe sie schließlich gänzlich unauffindbar verschwanden. Politiker-Worte waren dann nicht einmal mehr Schnee von gestern, sondern nur noch Schall und Rauch. Heute genügt dagegen ein einziger richtiger Tastendruck, und schon holt die Volksvertreter ihre Vergangenheit ein. Polit-Profis wissen, wie peinlich, wenn nicht gar gefährlich es sein kann, plötzlich wieder an den eigenen Worten von früher gemessen zu werden. Doch nicht alle, die sich für mit allen Wassern gewaschen halten, sind es auch. Beispiel: CSU-Generalsekretär Markus Söder. Der verstieg sich kürzlich in einem Interview im Hinblick auf künftige Koalitions-Bildungen zu der prophetischen Aussage, dass "für uns Schwarz-Grün nie infrage kommt". Der forsche Franke scheint weder den James-Bond-Film "Sag' niemals nie" (Never say never again) zu kennen, noch jemals die alte Volksweisheit gehört zu haben: "Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt". Ob 2009 oder 2013 oder 2018: Irgendwann wird Söder dieser Satz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einholen. Und wenn er Pech hat, ist er dann noch immer als Politiker im Fokus der Medien mit dem Langzeitgedächtnis. Ein schönes Wochenende. Ihr Walter W. Weber Chefredakteur

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