Im Umgang mit Syrien zeigt sich Amerikas neue Bescheidenheit

Washington · In wenigen Tagen soll in Genf die Syrien-Friedenskonferenz beginnen. Die US-Regierung begrüßt das offiziell - und hält sich ansonsten zurück. Im Umgang mit dem Syrien-Konflikt demonstriert Washington eine neue Pragmatik.

Washington. Als das US-Kabinett im vergangenen Frühjahr über Waffen für die syrischen Aufständischen diskutierte, war Barack Obama, so schilderten es Insider, "the last man standing". Der Letzte, der darauf beharrte, kein Kriegsgerät an die Rebellen zu liefern. Während Pentagon, State Department und CIA Zustimmung für die Rüstungslieferungen signalisiert hatten, bestand der Präsident, alle anderen überstimmend, auf einem Embargo. Erst im Juni ließ sich Obama vom Gegenteil überzeugen und schwenkte um, wenn auch halbherzig. Nach einem Fazit der New York Times ist die Hilfe für die Rebellen bis heute "sehr begrenzt" geblieben.Dann lieber Baschar al-Assad ...


Natürlich liegt es an der Befürchtung, dass Maschinengewehre, Granatwerfer und Munition für die eher pro-westlichen Teile der Opposition in die Hände radikalislamischer Milizen fallen könnten. Natürlich steckt alten Hasen wie Joe Biden, dem Vizepräsidenten, noch die Erfahrung Afghanistans in den Knochen. Indem Washington die Mujaheddin hochpäppelte, um die Sowjetunion zum Abzug zu zwingen, begünstigte es ungewollt eine Entwicklung, in deren Ergebnis Al-Kaida-Fanatiker am Hindukusch ungestört für Terroranschläge trainieren konnten.
Aleppo, lautet die Schlussfolgerung, darf kein zweites Kandahar werden. Unausgesprochen heißt das: dann lieber Baschar al-Assad.
Doch entscheidend ist die Weltsicht Obamas, die feste Überzeugung eines kühlen Realpolitikers, nach der Amerika, selbst wenn es wollte, grandios überfordert wäre mit der Rolle des Weltpolizisten.
Dass Assad die Macht aufgeben müsse, hat Obama oft genug verlangt. Dass die Syrien-Gespräche zu einer Übergangslösung ohne den Diktator führen sollen, ist offiziell erklärtes Ziel, ausdauernd wiederholt von Außenminister John Kerry. Es ändert nichts daran, dass die USA kaum etwas tun werden, um die Kräftebalance militärisch zu Gunsten der Regimegegner zu kippen.
Wer das Blatt wirklich wenden wolle, gibt Obama in einem Gespräch mit dem New Yorker zu verstehen, müsste schon bereit sein zu einer Intervention wie 2003 im Irak, alles andere sei "magisches Denken". Ein solches Szenario aber findet in einem ernüchterten, auf sich selbst fixierten Amerika keine Mehrheiten, weder im Kongress noch in Meinungsumfragen - es ist ja nicht nur der Präsident, der sich in neuer Bescheidenheit übt.TV-Analyse Außenpolitik



"Womit wir es zu tun haben", analysiert Obama das syrische Konfliktknäuel, "ist eine autoritäre, brutale Regierung, die alles tut, um an der Macht zu bleiben, und eine Opposition, die desorganisiert, schlecht ausgerüstet, schlecht ausgebildet und in sich gespalten ist." Angesichts der Fakten sei es seine beste Chance, mit jenen zu arbeiten, die den größten Einfluss hätten - sowohl mit Iranern und Russen, den Stützen Assads, als auch mit den arabischen Golfstaaten, welche die Rebellion finanzieren.

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