In der Sackgasse

Berlin · ANALYSE Bei den Sondierungsgesprächen knirscht es - ein Scheitern ist möglich.

Berlin Das nächste Treffen der Jamaika-Parteien ist für Montagmorgen terminiert. Also haben die Sondierer am Wochenende etwas Zeit, um durchzuatmen. Vielleicht auch, um sich zu besinnen. Notwendig scheint das zu sein. Denn so, wie die Gespräche zuletzt gelaufen sind, "kann es nicht weitergehen", hieß es am Freitag aus Verhandlungskreisen.

Stehen die Sondierungen von Union, FDP und Grünen sogar schon auf der Kippe? Wegen der öffentlich ausgetragenen Scharmützel zwischen den Liberalen und den Grünen um die Abmachungen bei der Steuer- und die Vorgaben in der Klimapolitik? Und nach der Vertagung des Zuwanderungsthemas wegen mangelnder Konsensbereitschaft aller Beteiligten?
Zumindest habe sich deutlich gezeigt, so FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann, wie schwierig die Gespräche seien, "wenn die Programme so weit auseinanderliegen". Etwas anderes kommt allerdings hinzu: die Geschwätzigkeit und die Unzuverlässigkeit einiger Protagonisten, wie von anderen Teilnehmern hinter vorgehaltener Hand bemängelt wird.

So hatten sich die Verhandler am Donnerstag in der ersten Stunde zwar versichert, vernünftiger miteinander umgehen zu wollen - "ohne Machtworte", wie es hieß. Doch nur kurze Zeit später war der Schwur schon wieder vergessen. Mühsam Beschlossenes wurde den Medien gesteckt, dann wieder von einzelnen relativiert, nur um sich gegenseitig vor das Schienbein zu treten. Insider betonen: Zu oft werde in den Verhandlungen gesagt, was nicht gehe. Es fehle an der Bereitschaft, auch dem anderen einen wichtigen, inhaltlichen Punkt zu gönnen. "Wenn das so weiter geht, dann wird das nichts."

Darüber hinaus heißt es, den Gesprächen würde man anmerken, dass Union und FDP eine gemeinsame Geschichte hätten, die 2013 nicht sonderlich ruhmreich für beide Seiten zu Ende gegangen ist. Vor allem die Liberalen seien auf der Hut. Und auch zwischen CDU und CSU scheinen dem Vernehmen nach die letzten zwei Jahre mit dem Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik nicht spurlos vorbeigegangen zu sein.
Außerdem habe in der Zusammenarbeit mit den Grünen keiner der anderen Beteiligten auf Bundesebene Erfahrung. Dass alles mache die Gespräche extrem schwierig, so ein Teilnehmer.

Hinzu kommt dann noch der Umstand, dass die Verhandlungsrunden mit jeweils rund 20 Teilnehmern extrem groß sind. Da dringt viel Unfertiges schnell nach draußen, was wiederum drinnen für Ärger sorgt. Und: Es gibt Teilnehmer, die gerne provozieren und zündeln. Genannt wird CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der aus seiner Abneigung gegenüber den Grünen keinen Hehl macht.
Dann der Grüne Jürgen Trittin, der in den Sondierungsrunden wesentlich konzilianter und konstruktiver auftreten soll als dann vor den Mikrofonen. Und schließlich FDP-Mann Wolfgang Kubicki, der unbedingt den Eindruck zu verhindern sucht, die FDP sei wieder nur ein Anhängsel der Union. Also greift Kubicki häufiger mal zu einem groben Keil.

Wie geht es nun vorwärts? Am Freitag wurde öffentlich weiter gestritten. So warf Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter den Liberalen vor, in der Klimapolitik zu blockieren und sich nicht "klar zu den Klimazielen zu bekennen". Was FDP-Politiker Buschmann wiederum nicht gelten lassen wollte. Das sei "Unsinn". Demgegenüber sei mit den Grünen kein "vernünftiges Gespräch" über Themen wie den Familiennachzug möglich. "Dabei gibt es vielen guten Willen am Tisch", so Buschmann. Angeblich auch bei der CSU, die allerdings nach außen in der Frage einer Obergrenze bei der Zuwanderung weiterhin besonders hart auftritt.
Womöglich kommt es am Wochenende zu einem Spitzentreffen der Vorsitzenden und Spitzenkandidaten der vier Parteien. Im engsten Kreis also. Damit dann am Montag alles besser wird.

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