In Eifel und Hunsrück wird das Jahr zum Kraftakt

Trier · Urlaub in Deutschland wird immer beliebter. Das wechselhafte Wetter im Frühsommer hat allerdings zu einem Rückgang der Übernachtungszahlen in Rheinland-Pfalz geführt. Lediglich Trier vermeldet dank der Nero-Ausstellungen positive Zahlen.

Trier. Wenn Bergsteiger in mehreren Etappen auf einen hohen Gipfel steigen, nutzen sie ein Basislager. Diesen Vergleich zieht Paula Kolz, wenn sie über typische Touristen spricht, die zum Aktivurlaub nach Trier kommen. "Es gibt immer mehr Hotels und spezielle Arrangements, die sich im Basislager Trier auf diese Besuchergruppen einstellen", sagt die TTM-Referentin (Trier Tourismus und Marketing GmbH). Saar-Hunsrück-Steig, Mosel- und Eifelsteig, Moselradweg und jede Menge für Radfahrer reaktivierte Bahntrassen locken Wanderer und Radtouristen. "Urlaubsaufenthalte in unserer Stadt und Region sind besonders für Kurzreisende beliebt", weiß Kolz.
Trier die Ausnahme


TTM-Prokurist Hans-Albert Becker nennt für Trier ein Übernachtungsplus von 2,5 Prozent bei den Übernachtungen im ersten Halbjahr 2016. Von solch gewohnt positiven Zahlen können seine Kolleginnen und Kollegen von den anderen regionalen Touristikbüros derzeit allerdings nur träumen. Denn das schlechte Wetter im Mai und Juni hat in Eifel und im Hunsrück dem zuvor anhaltend positiven Trend bei den Gästezahlen einen Dämpfer versetzt.
Im Frühling, besonders im Mai, der in diesem Jahr außergewöhnlich viele Feiertage zählte, hat es mehr geregnet als in den Jahren zuvor. Vor allem den Mittelgebirgsregionen ist das nicht gut bekommen. Weil sich in diesem Jahr sowohl die Sommerferien wie auch die im Herbst in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sehr deutlich überlappen, zeigte sich Eifel-Tourismus-Chef Klaus Schäfer schon zu Beginn der Sommerferien wenig optimistisch. "Bei optimalem Wetter hätte sich die Buchungssituation sicher besser dargestellt." Die Erhebungen des Statistischen Landesamtes belegen: vor allem weniger Camping- und Reisemobilgäste waren unterwegs.
An der Mosel, die mit Wein, Landschaft und Kultur jährlich zwei Millionen Übernachtungsgäste anlockt, wird zwar auch über das wechselhafte Wetter geklagt. Die Steigerung der Gästeankünfte um 3,4 Prozent in den Monaten Januar bis April im Vergleich zum Vorjahr hat Thomas Kalff, stellvertretender Geschäftsführer der Mosellandtouristik GmbH, dennoch stolz gemacht. Doch dann kam der Dämpfer im Mai und Juni auch für die Flussregion. Auch Kalff sieht den Rückgang bei den spontanen Buchungen im Vergleich zum Vorjahr als Folge des Wetters. Grundsätzlich glaubt er allerdings, dass vor allem kombinierte Angebote aus "Aktiv sein und Genuss erleben" Garanten für den Erfolg sind.
Von dem für die ganze Republik von der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) vermeldeten Zunahmen auch von Gästen aus dem Ausland kann die Region nicht profitieren. Vor allem weniger Niederländer, Belgier und Briten sind laut den Erhebungen des Statistischen Landesamtes in diesem Jahr nach Rheinland-Pfalz gekommen. "Über die Jahre haben wir festgestellt, dass gerade die Gäste aus den Niederlanden und Belgien spontan buchen und bei schlechtem Wetter daheimbleiben", sagt Christiane Heinen von der Mosellandtouristik GmbH. Gerade für Eifel, Mosel-Saar und Hunsrück sei das aber mit weitem Abstand die größte Gästegruppe aus dem Ausland. "Der Sommer hätte sicher besser sein können", so Heinen, "wir klagen aber auf einem sehr hohen Niveau."
Branche rechnet mit Wachstum


Nach den Terroranschlägen in Ägypten, der Türkei und Frankreich nennen diverse Studien und Untersuchungen beim Trend zu "sicheren" Urlaubszielen zwar auch Deutschland als Gewinner. Locken können demnach aber vor allem Meer und Strand. An den Küsten von Nord- und Ostsee war es enger als in den Jahren davor, das bestätigen auch die aktuellen Zahlen des Deutschen Tourismusverbands. Die Branche rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum von vier Prozent bei den Übernachtungen. Das wäre ein Wachstum von 17,4 Millionen auf 453,7 Millionen Übernachtungen. Neben den Küstenregionen profitieren demnach besonders Oberbayern, Bayerischer Wald und Bodensee.
Extra

"Die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen haben international einen strukturellen Wandel in den Urlaubsgebieten ausgelöst", sagt Professor Bernd Schabbing, Studiengangsleiter für Tourismus und Eventmanagement an der International School of Management (ISM) in Dortmund. "Statt Ägypten, Tunesien und der Türkei waren bei den Buchungen für den Sommer vor allem Spanien, Italien, Portugal und Kroatien gefragt. Die begrenzten Kapazitäten am Mittelmeer haben zudem dazu geführt, dass mehr Urlauber Skandinavien, Nord- und Ostsee sowie Fernreiseziele angesteuert haben." Die hohe Nachfrage habe dort die Preisschraube deutlich angezogen und für Kapazitätsengpässe gesorgt. Schabbing glaubt, dass sich der Tourismus mit einem weltweiten Wachstum von drei bis vier Prozent trotz eines geänderten Sicherheitsbedürfnisses der Menschen als robuste Branche erweisen wird. "Die Menschen machen nicht weniger Urlaub, sondern einfach woanders." r.n.

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