In Rheinland-Pfalz werden gewaltbereite Fußballfans bespitzelt

Trier · Hat die Trierer Polizei einem Fußballfan Geld für Informationen aus der Ultraszene geboten? Das zumindest behauptet die Gruppierung Insane Ultra. Die Polizei dementiert, während das Innenministerium den Einsatz von Spitzeln in der Fanszene bestätigt.

Wenn es rund um ein Spiel des Fußball-Regionalligisten Eintracht Trier Ärger gibt, dann werden dafür häufig die Ultras verantwortlich gemacht. Im Polizeijargon gelten die gut 100 regionalen Ultraanhänger als Problemfans, die sich gerne mal mit Fans anderer Vereine eine handfeste Auseinandersetzung liefern oder im Stadion Leuchtraketen zünden. Verständlich, dass die Beamten nur zu gerne schon im Vorfeld wüssten, wenn bei einem Fußballspiel möglicherweise etwas im Busch ist.

Aber geht das Interesse wirklich so weit, dass die Trierer Polizei einem Fan 400 Euro monatlich bietet, wenn er regelmäßig Interna über die Szene ausplaudert? Das jedenfalls behauptet die größte Trierer Ultragruppierung Insane auf ihrer Internetseite. Danach soll ein sogenannter szenekundiger Beamter nach dem verlorenen Heimspiel gegen Koblenz vergeblich versucht haben, einen V-Mann anzuwerben. "Ein schäbiger Anwerbeversuch", kommentieren die Ultras. Der Polizei sei "scheinbar jedes Mittel recht, um Menschen wie du und ich in eine kriminelle Ecke zu drängen".

Glaubt man der Polizei, hat es den Anwerbeversuch nie gegeben. Er habe einen solchen Auftrag nicht erteilt, sagt der Leiter der Trierer Polizeidirektion, Norbert Hausen. Er schließe auch aus, dass dies jemand anderes angeordnet habe. "Das gibt es nicht, und das würde ich auch nicht billigen", so Hausen.

Dabei ist der Einsatz von V-Leuten in der Fußball-Fanszene bei der rheinland-pfälzischen Polizei durchaus gängige Praxis - wenn auch nur "in speziellen Einzelfällen", wie ein Sprecher des Innenministeriums einräumt. Ziel solcher Einsätze ist es demnach, Erkenntnisse zur Verhinderung von szenetypischen Straftaten zu erhalten. Dabei sei man nicht auf bestimmte Ligen fokussiert, so der Sprecher. Entscheidend sei allein das Auftreten einer gewaltbereiten Fanszene.

Vor drei Jahren hatten bereits die Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg den Einsatz von V-Leuten im Fußball bestätigt. In vielen Bundesländern ist dies allerdings nicht üblich.Mehr zum Thema

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TV-Interview: Ein Trierer Ultra, warum sich das Verhältnis zur Polizei verschlechtern wird Meinung

Pro V-Leute: Schlimmer geht nimmer

Von Bernd Wientjes

Die Trierer Ultras gehören sicherlich nicht zu den gewaltbereitesten Fußballfans, die es auf deutschen Fußballplätzen gibt. Aber auf ihr Konto gehen trotzdem Schlägereien, Randale und das Abfeuern von Leuchtraketen im Stadion. Das, was einige als Stimmungsmache auf der Tribüne betrachten, darunter leiden die Fans, die einfach nur, womöglich mit Kindern, friedlich ein Fußballspiel schauen wollen. Sie fühlen sich dadurch bedroht, haben Angst, dass ihnen eine Rakete um die Ohren fliegt und sie womöglich in eine Schlägerei verwickelt werden. Daher ist es richtig, dass die Polizei die Ultras im Blick behält - auch mit V-Leuten. Es geht um den Schutz der normalen Fußballanhänger. Durch eingeschleuste Spitzel hat die Polizei vielleicht die Möglichkeit, die eine oder andere gefährliche Ultra-Aktion rechtzeitig zu verhindern. Dass viele Stadien mittlerweile Hochsicherheitstrakten gleichen, geht auch auf das Konto solcher Fanatiker, die nicht davor zurückschrecken, Unbeteiligte in Gefahr zu bringen. Schlimmer geht nimmer. b.wientjes@volksfreund.de

Contra V-Leute: Schimmer geht immer

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Ultras sind keine Chorknaben. Auch in Trier nicht. Sie wollen es auch gar nicht sein. Für die fußballverrückten Mitglieder der Ultra-Gruppierungen gehört Anderssein zum Programm. Nach ihrem Selbstverständnis sind sie mit Haut und Haaren und rund um die Uhr Fans, die sich nicht damit begnügen, bei Heimspielen und schönem Wetter - vielleicht noch mit einem Eintracht-Schal "bekleidet" - auf der Tribüne Platz zu nehmen. Ultras dagegen machen Dampf, sind laut, schwenken Transparente, grölen mitunter nicht ganz jugendfreie Parolen, schmeißen auch schon mal Rauchbomben und prügeln sich mit gegnerischen Fans. Das muss einem nicht gefallen. Und wenn dabei Straftaten begangen werden, gehören die Verursacher dafür bestraft. Aber: Ultras sind deswegen noch keine Schwerkriminellen, denen nur mit der Anwerbung von Spitzeln beizukommen wäre. Wer dies dennoch versucht, gefährdet die V-Leute und darf sich nicht wundern, wenn die Situation am Ende verfahrener ist als vorher. Schlimmer geht immer. r.seydewitz@volksfreund.de

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