In Saus und Braus

BERLIN. Die Rente ist sicher, hieß es noch vor einigen Jahren. Was Otto Normalbürger längst als Hohn empfindet, hat für Politiker bis heute einen wohltuenden Klang. Sie kommen nach wie vor in den Genuss einer üppigen Altersversorgung.

"Es ist der Bevölkerung gegenüber nicht mehr zu rechtfertigen, dass Abgeordnete Versorgungsansprüche erwerben, für die sie nie eigene Vorsorgeleistungen erbracht haben, und die weit über den durchschnittlichen Ansprüchen der Bürger liegen", kritisierte der Chef des Steuerzahlerbundes, Karl-Heinz Däke, jetzt in einem Brief an alle Bundestagsparlamentarier. Seine Forderung: Die Volksvertreter sollten endlich "transparent, nachvollziehbar, gerecht und ohne Privilegien bezahlt werden". Politiker als Ausnahme vom Rest der Nation

Davon ist das geltende Recht, das sich an den Regelungen für Beamte orientiert, meilenweit entfernt. Während die Regierung den großen Rest der Nation auf eine Rente mit 67 einstimmt, reichen für ihre Bundesminister schon zwei Amtsjahre aus, um ab dem 60. Lebensjahr eine Rente von 1965 Euro zu kassieren. Zum Vergleich: Ein Spitzenverdiener in der gesetzlichen Rentenversicherung müsste für diese Summe 36 Beitragsjahre vorweisen. Hält der Minister eine volle Wahlperiode durch, kann er bereits ab 55 eine Pension von 3556 Euro einstreichen. In der gesetzlichen Rentenversicherung wäre dafür 65 Jahre lang der maximale Rentenbeitrag erforderlich. Da viele Ressortchefs länger im Amt sind und zusätzliche Rentenansprüche als Abgeordnete oder/und Landesminister besitzen, fallen die Summen in aller Regel deutlich höher aus. Nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes steht zum Beispiel Ex-Umweltminister Jürgen Trittin (51) eine Pension von 4475 Euro zu, die der Grüne mit 55 beziehen könnte. Bleibt Arbeitsminister Franz Müntefering (65) vier Jahre im Amt, würde die Gesamtpension des SPD-Politikers auf rund 7700 Euro steigen. Auch einfachen Bundestagsabgeordneten winkt der goldene Handschlag. Sie brauchen nur eine achtjährige Mitgliedschaft im Parlament, um einen monatlichen Rentenanspruch von 1682 Euro zu erwerben, der nach wie vor mit 65 fällig wird. Schafft der Mandatsträger noch eine weitere Wahlperiode im Hohen Haus, wird es richtig lukrativ. Denn mit jedem zusätzlichen Jahr verkürzt sich auch seine Zeit bis zur Rente. Die Untergrenze für den frühestmöglichen Bezug liegt ebenfalls bei 55. Ab dem neunten Jahr im Parlament erhöht sich der Pensionsanspruch um drei Prozent auf bis zu 69 Prozent der Diäten. Das maximal erreichbare Salär liegt dann bei 4836 Euro - ohne dass die Parlamentarier dafür je einen müden Cent eingezahlt hätten. Um diesen Luxus-Zustand zu beenden, schlägt Steuerzahlerbund-Chef Däke eine Reform des Abgeordnetengesetzes nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens vor. Seit dem Vorjahr zahlen dort die Landtagsabgeordneten für ihre Rente selbst in ein Versorgungswerk ein. Im Gegenzug wurde ihre monatliche Grunddiät von 4807 Euro auf 9500 Euro angehoben und die vormalige steuerfreie Kostenpauschale von 2378 Euro komplett gestrichen. Mandatsbedingte Kosten können nur noch bei der Steuererklärung geltend gemacht werden, was einer Gleichbehandlung mit normalen Steuerpflichtigen entspricht. Die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Volker Kauder und Peter Struck, hatten schon vor einigen Monaten ihre Sympathien für dieses Modell bekundet. Interne Gesprächsrunden mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) verliefen dazu aber bislang ergebnislos. Eine Diätenerhöhung, gerade in wirtschaftlich schwerer Zeit, ist schließlich alles andere als populär. Gegenwärtig erhalten Bundestagsabgeordnete 7009 Euro brutto im Monat plus eine steuerfreie Aufwandspauschale von 3589 Euro. Für den SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz steht indes fest: "Wer will, dass Bundestagsabgeordnete Rentenversicherungsbeiträge zahlen, wird an einer Anhebung der Diäten nicht vorbei kommen".

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