Innenminister: Aufruf zur Selbstjustiz im Internet wird hart bestraft - Polizei ermittelt gegen zwei Nutzer wegen Morddrohungen nach Tötung einer 16-Jährigen

Trier · Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat sich deutlich gegen Aufrufe zur Selbstjustiz im Internet gewandt. Hintergrund sind Morddrohungen gegen den Mann, der im Verdacht steht, eine 16-Jährige in Trier getötet zu haben.

Nach dem gewaltsamen Tod einer 16-Jährigen in Trier sind die Emotionen hochgekocht, vor allem im Internet. In sozialen Netzwerken wie Facebook wurde sogar dazu aufgerufen, den mutmaßlichen Täter zu töten, der gestanden hat, die Schülerin erstochen und ihre Leiche später angezündet zu haben. Die Polizei hat gegen zwei dieser Internetnutzer, die unverhohlen den mutmaßlichen Täter und seine Familie bedroht haben, Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ihnen werde vorgeworfen, zu einem Verbrechen aufgerufen zu haben, sagt Harald Lahr, Ermittlungsleiter bei der Polizeiinspektion Trier.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) kündigt gegenüber unserer Zeitung an, gegen jeden vorzugehen, der strafbare Äußerungen im Internet von sich gibt. "Jede Art von Selbstjustiz wird selbstverständlich abgelehnt und auch konsequent geahndet", sagt Lewentz. Auch der rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers (SPD) spricht im Zusammenhang mit Beleidigungen und Bedrohungen via Internet von einem "ernstzunehmenden Problem". Er hält die bestehenden Strafgesetze für ausreichend, um solche Straftaten wie Aufruf zu Verbrechen per Facebook zu ahnden. Der Minister setzt auf Aufklärung der Internetnutzer und Einsicht der Betreiber von sozialen Netzwerken. Sie sollten "kurzfristig wirkende, effektive Melde- und Löschmechanismen gegen Cybermobbing" einführen, sagt Robbers dem Volksfreund.

Auch der Medienwissenschaftler Steffen Büffel fordert, dass die Betreiber etwa Morddrohungen "kompromisslos" löschen. Aber auch die Nutzer selbst seien in der Verantwortung, "genau zu überlegen, bevor man im Netz etwas veröffentlicht". Den Grund für zunehmende Respektlosigkeit im Internet sieht Büffel durch die Allgegenwart von Smartphones, wodurch "jeder direkt seine Meinung veröffentlichen kann". Weil im Internet der persönliche Kontakt zu einem Gegenüber fehle, komme es zur Verrohung der Sitten. Der Trierer Medienwissenschaftler Jürgen Bucher spricht von einer Enthemmung der Kommunikation.
Die vermeintliche Anonymität im Netz

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort