Interview Bischof Ackermann

Trier · Der Trierische Bischof Stefan Ackermann nimmt im TV-Interview Stellung zur angekündigten Aufklärung der Missbrauchsfälle. Chefreporter Rolf Seydewitz hat mit dem Kirchenmann gesprochen.

Die 27 deutschen Bistümer haben sich bereiterklärt, den Experten des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen Zugriff auf sämtliche Personalakten der vergangenen zehn Jahre zu gewähren. Was versprechen Sie sich davon?
Stephan Ackermann: Das Institut selbst hat keinen Zugriff auf die Akten.Wir müssen ja den Datenschutz beachten. Es sind Mitarbeiter der Kirchenarchive, die die Akten einsehen und schauen, ob es Hinweise auf sexuellen Missbrauch gibt, die bislang nicht entdeckt wurden. Darüber hinaus wird geschaut und untersucht, wie man mit den Fällen umgegangen ist und wo es möglicherweise institutionelle Defizite gab.

Das könnte in dem ein oder anderen Fall ziemlich schmerzhaft für die katholische Kirche sein …
Ackermann: Ja, dem haben wir uns aber zu stellen. Das Kriminolgische Forschungsinstitut hat zunächst einmal die Aufgabe, Zahlen und Statistiken zu ermitteln, denen einheitliche Kriterien zugrunde liegen. Das habe ich ja immer versprochen, wenn nach konkreten, verlässlichen Zahlen über den Umfang des Missbrauchs in der katholischen Kirche gefragt wurde. Dann wird natürlich auch geschaut, ob mögliche Tätermotive oder -strategien zu erkennen sind, um solche sexuellen Übergriffe in Zukunft zu verhindern.

Neun Bistümer erlauben sogar Einblicke in die Akten bis ins Jahr 1945 zurück: Ist das Bistum Trier darunter? Ackermann: Ja, wir sind bei der "Tiefenbohrung" dabei.

Und was passiert mit den Ergebnissen, werden sie veröffentlicht?
Ackermann: Sicher werden sie veröffentlicht, aber natürlich anonymisiert. Und wichtig ist ja auch, dass es neben der Erforschung aus kriminologischer Sicht noch eine weitere Untersuchung gibt. Der bekannte Essener Gerichtsgutachter Professor Norbert Leygraf wird sich mit der psychiatrischen Seite des Themas befassen. Es liegen viele Gutachten über Priester und Ordensleute vor, die sich wegen Missbrauchverdachts vor Gericht verantworten mussten. Auch diese Gutachten sollen ausgewertet werden, vor allem mit dem Ziel, Erkenntnisse für die Prävention daraus zu gewinnen.

Ist dies Ihr letztes großes Projekt als Missbrauchsbeauftragter der katholischen Kirche?
Ackermann: Von den Dingen, die wir uns vorgenommen haben, ist es in der Tat das letzte große Projekt. Aber damit endet meine Aufgabe ja nicht. Es wird auch weiter Arbeit für den Missbrauchsbeauftragten geben, denn es geht ja jetzt auch um die Umsetzung und das Controlling. Und auch wenn es in der Öffentlichkeit ruhiger um das Missbrauchsthema geworden ist, werden wir uns weiterhin mit allen Kräften dafür einsetzen, sexuellen Missbrauch so wirksam wie nur irgend möglich zu verhindern.
sey

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