Interview Ulla Schmidt: "Man kann ja Ausschüsse leiten"

Berlin · Ex-Ministerin Ulla Schmidt will nicht für Thomas Oppermann aus dem Amt der Bundestagsvizepräsidentin weichen.

 Ulla Schmidt, 68, war von 2001 bis 2009 Bundesgesundheitsministerin. Seit 2013 ist sie Bundestagsvizepräsidentin. Die SPD-Politikerin ist seit 2012 Bundesvorsitzende der Lebenshilfe. Foto: Laurence Chaperon Photographie

Ulla Schmidt, 68, war von 2001 bis 2009 Bundesgesundheitsministerin. Seit 2013 ist sie Bundestagsvizepräsidentin. Die SPD-Politikerin ist seit 2012 Bundesvorsitzende der Lebenshilfe. Foto: Laurence Chaperon Photographie

Foto: Laurence Chaperon (g_pol3 )

Der bisherige SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann soll nach dem Willen seiner Nachfolgerin Andrea Nahles neuer Vizepräsident des Bundestages werden. Doch Amtsinhaberin Ulla Schmidt will nicht weichen, so dass es am Montag in der Fraktion zur Kampfabstimmung kommen wird. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit der 68-jährigen früheren Gesundheitsministerin.

Die Fraktionsführung hat sich für Thomas Oppermann ausgesprochen. Werden Sie trotzdem um Ihr Amt kämpfen?
SCHMIDT Was heißt kämpfen? Ich kandidiere einfach. Das hatte ich vorher schon erklärt, und das werde ich auch Montag machen. Die Fraktion entscheidet, unabhängig davon, wen die Fraktionsführung empfiehlt.

Sich gegen eine solche Festlegung zu wenden ist natürlich ein Politikum.
SCHMIDT Das sind normale demokratische Prozesse. Es gibt ja auch noch die Kandidatur von Christine Lambrecht und womöglich noch weitere. Die Fraktionsführung kann sich natürlich festlegen, aber das ist für mich doch kein Grund, meine Kandidatur zurückzuziehen.

Sie könnten auch sagen: Ich habe politisch alles erlebt, ich habe alles gehabt, ich bin 68 Jahre alt, ich verzichte zugunsten Jüngerer.
SCHMIDT Weil andere 63 Jahre sind? Mir geht es um die Sache. In meinem Amt als Bundestagsvizepräsidentin bin ich eine wichtige Ansprechpartnerin für die Belange von Menschen mit Behinderungen, denn ich bin auch Bundesvorsitzende der Lebenshilfe. Ich habe, was die Barrierefreiheit im Bundestag und eine bessere Beteiligung von Menschen mit Einschränkungen angeht, viel erreichen können und möchte das fortsetzen. Ich will noch vieles umsetzen. Deshalb habe ich ja überhaupt auch noch einmal für den Bundestag kandidiert.

Auf wessen Unterstützung setzen Sie?
SCHMIDT Ich habe die Unterstützung meiner Landesgruppe Nordrhein-Westfalen und auch von vielen anderen.

Setzen Sie auf die Frauen?
SCHMIDT Der Bundestag hat einen so geringen Frauenanteil wie seit 20 Jahren nicht mehr. Im alten Bundestagspräsidium waren fünf Frauen, künftig wären es womöglich nur zwei von sieben.

Die Zahl der Jobs, die die SPD zu vergeben hat, ist eher gering geworden. Man hat den Eindruck, dass die Männer sich zuerst bedienen: Schulz, Heil, Schneider und jetzt Oppermann.
SCHMIDT Na ja, Andrea Nahles ist Fraktionsvorsitzende, und sie hat Oppermann vorgeschlagen. Ich will ihre Entscheidung gar nicht kritisieren. Es gibt mehrere Bewerber, und die Fraktion entscheidet, ganz einfach.

Oder geht es hier um eine Flügelentscheidung, dass jetzt ein Netzwerker zum Zuge kommen muss, nachdem die Parteirechten Seeheimer, denen Sie angehören, den Posten des Parlamentarischen Geschäftsführers bekommen haben, und die Linken den Fraktionsvorsitz?
SCHMIDT Nein, Oppermann ist nicht nur Netzwerker, er ist zugleich auch Seeheimer. Das ist alles nicht so klar abgegrenzt, sondern geht ineinander über. Entscheidend ist, wofür man steht.

Man denkt vielleicht, dass man einen ehemaligen Fraktionsvorsitzenden nicht einfach ohne ein Amt dastehen lassen kann.
SCHMIDT Ich kandidiere nicht mit Absicht, Herrn Oppermann etwas wegzunehmen, sondern weil ich meine Arbeit weitermachen will. Im Übrigen werden auch viele Minister in Zukunft ohne ein Amt bleiben. So etwas haben wir alle schon mal erlebt, ich zum Beispiel nach 2009. Es gibt ja auch Ausschüsse, die man leiten kann.

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