Interview zum Hören: "Der neue Papst ist ein Mensch, der zuhören kann"

Podcast · Er ist bescheiden, aufmerksam, gastfreundlich. Das sagt Lateinamerika-Experte Bernd Klaschka über den neuen Papst, dem er schon häufiger begegnet ist. Mit dem Adveniat-Chef sprach TV-Redakteur Rolf Seydewitz.

 Bernd Klaschka.Foto: Adveniat

Bernd Klaschka.Foto: Adveniat

Herr Klaschka, wie sehr hat Sie die Wahl Bergoglios überrascht?
Klaschka: Der Name hat mich überrascht. Aber nicht die Tatsache, dass die Wahl auf einen Lateinamerikaner gefallen ist. Als es am Mittwochabend hieß, dass der neue Pontifex noch beten würde, bevor er auf die Loggia tritt, war für mich klar: Es ist ein Kardinal aus Lateinamerika.

Das müssen Sie erklären …
Klaschka: Es ist die Frömmigkeit der Lateinamerikaner. Für sie ist Gott existenziell. Gott spielt im Leben eine konkrete Rolle, in dem, was gelingt, und in dem, was misslingt.

Sie sagten, dass der Name Sie überrascht hat. Dabei wurde Bergoglio doch schon beim letzten Konklave hoch gehandelt.
Klaschka: Das hatte ich auch im Blick. Und ich war überrascht, dass Bergoglio in den Medien und in der Öffentlichkeit dieses Mal überhaupt nicht gehandelt wurde. Ich denke, da hat sich eine gute Konstellation unter den Kardinälen ergeben, dass sie ihm das Vertrauen ausgesprochen haben. Beim vorausgegangenen Konklave hatte Bergoglio nach meinen Informationen ja auf eine weitere Kandidatur verzichtet.

Sie kennen den neuen Pontifex persönlich. Was ist er für ein Mensch?
Klaschka: Jorge Mario Bergoglio ist ein sehr bescheidener, aufmerksamer, gastfreundlicher, dem Anderen zugewandter Mensch, der zuhören kann. Und der auf die Fragen, die man stellt, eingeht. Wie ich ihn kennengelernt habe, wählt er seine Antworten reflektiert aus. Er ist aber auch intellektuell zielstrebig.
Bergoglio hat etwa an führender Stelle am kirchenpolitischen Grundsatzdokument der lateinamerikanischen Bischöfe in Aparecida mitgearbeitet. Das Dokument fordert dazu auf, Christus in den Armen zu suchen und nach der Methode sehen, urteilen, handeln vorzugehen.

Wie bewerten Sie, dass er sich den Namen Franziskus gegeben hat?
Klaschka: Ich was sehr bewegt, als ich das gehört habe. Es ist Programm - in doppelter Hinsicht. Zum einen Solidarität mit den Armen, dafür steht Bergoglio. Das hat er immer wieder in seinen Predigten und Schriften zum Ausdruck gebracht. Aber Franziskus steht auch dafür, dass die Kirche selbst eine arme Kirche ist.

Kann man von einer Zeitenwende in der katholischen Kirche sprechen?
Klaschka: Ich würde eher von den Zeichen der Zeit sprechen. Bergoglio ist Jesuit. Und dieser Ausdruck Zeichen der Zeit kommt vom Jesuitenorden. Ich bin davon überzeugt, dass der neue Papst die Zeichen der Zeit sieht und nicht übersieht.

Sie sind ein intimer Kenner Lateinamerikas. Wie wird Bergoglios Wahl dort aufgenommen werden?
Klaschka: Mit Begeisterung. Die Kirche Lateinamerikas fühlt sich in ihrem eigenständigen Weg anerkannt und mit Wertschätzung durch die Universalkirche bedacht.

Was unterscheidet den neuen Papst von seinem Vorgänger?
Klaschka: Papst Benedikt XVI. war ein Gelehrter auf dem Stuhl Petri. Er hat auch immer sehr stark vom Petrusamt gesprochen. In Bergoglio dagegen haben wir jemanden, der stärker von der Basis kommt und von der pastoralen Erfahrung. Das ist eine andere Schwerpunktsetzung.

Was wünschen Sie sich von dem neuen Papst?
Klaschka: Dass er in seiner Bescheidenheit und Zielstrebigkeit die Kirche zu neuen Ufern führt. sey

Extra

Prälat Bernd Klaschka ist seit 2004 Geschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Der 66-jährige Priester lebte selbst jahrelang in Mexiko, wo er sich unter anderem für bessere Lebensbedingungen der Otomi-Indianer einsetzte. sey

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