Investition ins Kapital Mensch

TRIER. Mitarbeiter qualifizieren, für gutes Betriebsklima sorgen, fördern und fordern: Das ist in vielen Unternehmen längst keine Utopie mehr. Vom Handwerksbetrieb bis zur Großindustrie stellen sich immer mehr Firmen der Region auf neue Prioritäten ein.

"Es ist alles eine Frage, wie man mit Menschen umgeht." Karl Burkardt redet meistens Klartext. Und der Geschäftsführer des Drahtwerks Horath wird noch deutlicher: "Probleme entstehen nie innerhalb der Belegschaft, sondern immer an der Unternehmensspitze." Der Hunsrücker Industriebetrieb hat längst Konsequenzen gezogen. Man setzt auf Teamarbeit, langfristige Bindung der Mitarbeiter und offene Kommunikation. Das DWH gehört zu den Vorreitern eines Trends, der sich auch in deutschen Unternehmen zunehmend durchsetzt: Die intensive Arbeit an der Motivation und Qualifikation des Personals. "Die strategische Planung beginnt idealerweise schon bei der Einstellung", sagt Markus Kleefisch von der Trierer Industrie- und Handelskammer. Nicht mehr Kommissar Zufall amtiert im Personalbüro, sondern gewiefte Planer, die die langfristige Entwicklung eines Mitarbeiters im Blick haben. Bei einem Großunternehmen wie der Bitburger Brauerei gehören Gruppentraining, Programme für Führungskräfte und systematische Befragungen schon länger zu den Instrumenten der Personalentwicklung. Und nicht nur von oben nach unten. Die Mitarbeiter dürfen auch ihre Chefs kritisieren. Man wolle "den Kapitän öfter im Maschinenraum sehen", heißt es da schon mal. Die Arbeitnehmervertreter sehen solche Bemühungen gern. "Früher wurde das Personal nur verwaltet, heute wird darin die Zukunft gesehen", lobt der Bitburger-Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Lorse. Mitarbeiter wollten "heutzutage eben überzeugt werden".Dem DGB dauert es zu lange

Dem DGB-Bezirkschef Karl-Heinz Päulgen dauert es mit der Verbreitung der neuen Mitarbeiter-Philosophie sogar zu lange. "Nur ganz zaghaft" setze sich in den Unternehmen der Region die Erkenntnis durch, dass man in das "Kapital Mitarbeiter" mehr investieren müsse. Weiterbildung und lebenslanges Lernen seien absolut im Sinn der Gewerkschaft. Aber, so seine Einschränkung, dann müssten die Unternehmen auch "die angemessenen Rahmenbedingungen schaffen". Zum Beispiel, indem sie Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen während der bezahlten Arbeitszeit ermöglichen. "Schließlich sind solche Maßnahmen ja für beide Seiten profitabel", glaubt Päulgen. Auch der öffentliche Dienst kennt längst Führungsinstrumente wie Feedback-Gespräche oder Zielvereinbarungen. Nur so lassen sich wachsende Belastungen meistern. "Wir müssen zunehmend ökonomisch denken und können bei mehr Input nicht einfach das Personal ausweiten" - so die Erfahrung des Trierer Finanzamts-Vorstehers Jürgen Kentenich. Man setzt auf breite Förderung auf allen Ebenen. "Im Gegenzug sind die Leute auch bereit, Leistung über Gebühr zu bringen", versichert der Behördenleiter. Gerade im öffentlichen Dienst gehört auch die gezielte Förderung von Frauen zur perspektivischen Personalpolitik. Anders ist die Situation im Handwerk, wo bei Durchschnitts-Betriebsgrößen von acht Mitarbeitern Personalpolitik oft noch beim gemeinsamen Mittagessen betrieben wird. "Bei uns hat das menschliche Verhältnis traditionell einen hohen Stellenwert", sagt HWK-Geschäftsführer Josef Adams. Da brauche man nicht unbedingt wissenschaftlich gebildete "Abstraktionsweltmeister" fürs Personalmanagement. Der TV hat sich bei Arbeitgebern der Region umgesehen und ihre zeitgemäßen Rezepte im Umgang mit den Mitarbeitern analysiert. Die Ergebnisse in den nächsten Wochen in der Serie "Projekt Zukunft".

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