Irak bekommt neue Verfassung
BAGDAD. (dpa) Der Irak hat sich zweieinhalb Jahre nach dem Sturz des Saddam-Regimes durch die US-Armee eine neue demokratische Verfassung gegeben.
Unter dem Eindruck neuer Anschläge erklärte die irakische Wahlkommission am Dienstag in Bagdad, der Verfassungsentwurf habe bei dem Referendum vor zehn Tagen die erforderliche Mehrheit erhalten. Laut Kommission stimmten landesweit rund 79 Prozent der Wähler für den Entwurf, 21 Prozent dagegen. Den sunnitischen Arabern, die den Verfassungsentwurf mehrheitlich nicht akzeptieren, war es nicht gelungen, in den von ihnen dominierten Provinzen genügend Wähler zu mobilisieren, die mit Nein stimmten. Die Verfassung wäre abgelehnt worden, wenn zwei Drittel der Wähler in mindestens drei Provinzen dagegen gestimmt hätten. Nachdem die überwältigende Mehrheit der Wähler in den Provinzen Anbar und Salaheddin die Verfassung abgelehnt hatte, wurde die Abstimmung in der Provinz Ninive entschieden, wo sich aber nach Angaben der Wahlkommission 55 Prozent gegen die Verfassung und 45 Prozent dafür aussprachen. Viele Sunniten fürchten, sie könnten in dem neuen Staat an den Rand gedrängt werden und vom Erdölreichtum im Norden und Süden abgeschnitten werden. "Unabhängig vom Ausgang war dies ein zivilisierter Schritt, um den Irak auf den richtigen Weg zu bringen", erklärte der Sprecher der Wahlkommission, Farid Ajar. Er wies Vorwürfe zurück, es habe grobe Unregelmäßigkeiten gegeben. Beobachter sunnitischer Parteien haben nach eigenen Angaben in Ninive einen höheren Anteil an Nein-Stimmen festgestellt. Der Sprecher der sunnitischen Organisation Irakischer Nationaler Dialog, Salih al-Mutlak, sagte in einem Interview des arabischen Nachrichtensenders El Dschasira: "Wir glauben, dass die Resultate in Mossul (Provinz Ninive), in Dijala und den meisten südlichen Provinzen gefälscht wurden." Er forderte eine Wiederholung des Referendums in vier Provinzen unter Aufsicht der Vereinten Nationen und irakischer Richter. Andernfalls wolle seine Gruppe die Verfassung nicht anerkennen. Der Sprecher der gemäßigten sunnitischen Bewegung Irakische Konferenz, Adnan al Dulaimi, sagte: "Ich habe keine Beweise, dass gefälscht wurde, aber der Umstand, dass mit der Verkündung der Ergebnisse so lange gewartet wurde, wird viele Menschen daran zweifeln lassen, dass es hier mit rechten Dingen zugegangen sein soll." Mehr als 20 Menschen kamen gestern ums Leben
Bei Anschlägen und Gefechten kamen am Dienstag im Irak mehr als 20 Menschen ums Leben: In der nordirakischen Stadt Suleimanija riss ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe vor dem Ministerium für die kurdischen Kämpfer (Peschmerga) acht Menschen mit in den Tod. Zwei weitere Autobomben explodierten in der kurdischen Stadt neben einem Konvoi eines hochrangigen Parteifunktionärs der Patriotischen Union Kurdistans. Mullah Bachtiar wurde nach Angaben aus Sicherheitskreisen leicht verletzt, einer seiner Leibwächter starb. Amerikanische und irakische Soldaten töteten bei Razzien in der Umgebung der Stadt Mussajib fünf mutmaßliche Aufständische. In Falludscha starben nach Polizeiangaben vier ausländische Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, als Aufständische einen Sprengsatz neben deren Konvoi zur Explosion brachten. Bei einem Angriff auf eine Straßensperre der irakischen Armee in der Nähe von Bakuba starben ein Selbstmordattentäter und sein Beifahrer. Die Soldaten blieben unverletzt.