Israel lernt es nie

Das Bedauern über den gewaltsamen Tod des Hamas-Führers Achmed Jassin hält sich in engen Grenzen. Der gelähmte Scheich war der Kopf einer Terrorgruppe, die bevorzugt unschuldige Zivilisten in Linienbussen in die Luft sprengt und das bewaffneten Kampf gegen Israel nennt.

Mit den Issedin-el-Kassam-Brigaden unterhält die Hamas sogar eine spezielle Terroreinheit für diesen Zweck. Deshalb ist es durchaus verständlich und nachvollziehbar, dass die israelische Armee auf Befehl von Ministerpräsident Ariel Scharon den Scheich liquidiert hat. Es war einzig eine Frage des Zeitpunkts, wann es geschehen würde. Die Tatsache an sich kann niemanden überraschen. Dennoch war diese Aktion ein schwerer Fehler und ein weiterer Beweis dafür, dass die Regierung Scharon - wie so viele andere vor ihr - unfähig ist, ein politisches Problem auch mit politischen Mitteln zu lösen. Wann endlich begreift Israel, dass es mit jeder Vergeltungs-Aktion dieser Art den radikalen Palästinensern in die Hände spielt und die gesprächsbereiten, gemäßigten Kräfte in Palästina weiter an den Rand drängt? Wie soll Dialog entstehen, wenn Israel Mauern um Palästina baut, Araber systematisch entrechtet oder gar ermordet, und hunderttausende von ihnen in menschenunwürdigen Flüchtlingslagern dahin vegetieren lässt, ohne Hoffnung auf Zukunft. Der Frieden im Nahen Osten lässt sich mit militärischen Mitteln nicht erzwingen. Israel müsste das wissen, verhandeln, statt hemmungslos an der Gewaltspirale mitzudrehen. Denn der weitere Ablauf dieses unendlichen Dramas ist abzusehen. Die Hamas wird blutige Rache für den Tod ihres Anführers üben - und dann? Israel wird wieder mit geballter Macht zurückgeschlagen, während die Palästinenser schon ihr nächstes Selbstmordkommando in Marsch setzen. Das ist - salopp formuliert - wie Tischtennisspielen mit scharfer Munition. Hin und her, her und hin. Und am Ende haben alle verloren. d.schwickerath@volksfreund.de

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