Ja, sucht denn Bauer wirklich Frau?

Bauern finden keine Frau und wenn doch, dann muss sie erst mal an der Schwiegermutter vorbei… Unsere Reporterin wollte wissen, was denn dran ist an dem Bild, das dank der Verkupplungs-Show "Bauer sucht Frau" ein Millionenpublikum erreicht - und ist auf verärgerte junge Menschen getroffen.

Köln/Binscheid/Habscheid/Kesfeld. Außer im Bett trägt er immer grüne Gummistiefel, eine verschmuddelte Latzhose und ein kariertes Hemd. Von Aufräumen und Körperpflege hält er nicht viel, wozu auch? Er ist ja immer nur im Stall. Praktischerweise braucht man da auch keine Bildung. Nur eine Frau, die findet er nicht. Wieso bloß? Es muss wohl daran liegen, dass er Bauer ist. Schade, wo er doch so gut Hilfe beim Ausmisten gebrauchen könnte…Soweit das Klischee. Ein Klischee, das Vertreter des Berufsstandes seit jeher ärgert. Noch mehr ärgert sie, dass die RTL-Serie "Bauer sucht Frau" ihrer Meinung nach eben jenes Bild des Bauern in den Köpfen eines Millionenpublikums zementiert. "Die Sendung sucht genau die Betriebe heraus, die an das Klischee herankommen", sagt Herbert Netter, Pressereferent des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Auch Arno Billen, Vorsitzender der Landjugend, spricht von "sehr speziellen Fällen". Unter den Landwirten, die er kenne, seien jedenfalls genauso viele solo oder liiert wie in anderen Berufen auch. "Bauer sucht Frau geht zu 80 Prozent an der Realität vorbei", findet Michael Horper, Chef des Kreisbauernverbandes Bitburg-Prüm. "Die jungen Bauern sind heute sehr gut ausgebildet, bringen ihre Betriebe auf Vordermann und strukturieren sie so, dass sie auch Freizeit und Urlaub haben."In der Tat sieht die Realität bei drei jungen Bauern, die der TV in einem entlegenen Winkel des Eifelkreises Bitburg-Prüm besucht hat, anders aus, als die Serie vielmals vermuten lässt: Das Haus von Andreas Meyers aus Binscheid ist brandneu. Edler Parkettboden, schlichte Eichenholzmöbel, auf der Lehne einer weißen Couch steht ein aufgeklapptes Laptop. Dass der 25-Jährige hier nicht alleine lebt, lässt sich leicht erraten. Denn ein Mann alleine würde (zumindest dem Klischee zufolge) niemals derart gekonnt dekorieren. Ergo: Er hat eine Freundin. Anders als bei RTL muss die zum Melken jedoch keineswegs unter kotverschmierte Kühe kriechen, die angebunden im Stall stehen. Zum einen sind Meyers Kühe dank eines modernen Boxenlaufstalls weder angebunden noch dreckig. Zum anderen hat die Freundin mit alledem nichts zu tun. Denn sie geht ihrem eigenen Beruf nach. So wie die Freundin von Michael Lepage aus Kesfeld. "Ich will meinen Betrieb so einrichten, dass ich alleine klarkomme", sagt er. Noch wohnt er mit seinen Eltern unter einem Dach. "Aber das Generationenproblem", schaltet sich sein Vater ein, der gerade beim zweiten Frühstück sitzt, ist längst gegessen". Heute müsse eine Frau, die sich in einen Bauern verliebe, nicht mehr mit der Schwiegermutter den Herd teilen. Auch da bediene die Serie das Klischee. Und überhaupt - komische Typen, die keine Frau finden, gebe es in jedem Beruf. "Diese Personen machen sich lächerlich ,und alle reden darüber", sagt Lothar Düprez (28) aus Habscheid-Hollnich kopfschüttelnd. Auch er hat eine Freundin. Auch sie hat ihren eigenen Beruf. Seitdem es "Bauer sucht Frau" gebe, werde er von Leuten, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, ständig mit den Klischees konfrontiert. "Wir fühlen uns verarscht", empört er sich.Die wenigen echten Nachteile, die die Freundinnen der Bauern in Kauf nehmen müssen, sind den dreien bewusst: Wenn die Kuh kalbt oder Regen die Ernte bedroht, dann fällt das Ausgehen schon mal aus. Solche Sondereinsätze gebe es aber auch in anderen Berufen. Und überhaupt, wo die Liebe eben hinfällt… Meinung Oh du schlechte Fernsehwelt Beim Fernsehen geht es um Einschaltquoten. Je merkwürdiger also die gezeigten Menschen, desto besser. Egal ob dick, dumm, unbegabt oder einfach nur naiv… wer sich freiwillig der Lächerlichkeit preisgibt, ist für die Privatsender bares Geld wert. Dazu dann noch ein gehöriger Schuss Voyeurismus und - natürlich -Gefühle. Fertig ist die Erfolgsserie. In dieser schlechten Fernseh-Welt gehört "Bauer sucht Frau" eindeutig zu den angenehmeren "Reality-Shows". Dennoch sollte man nicht erwarten, dort etwas über die Realität zu lernen. Auch nicht über jene der Bauern. Die sieht nämlich in den meisten Fällen anders aus. k.hammermann@volksfreund.de

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