Jagd nach dem falschen Tiger

Paris · Rund 200 Polizisten haben im Großraum Paris nach einem vermeintlichen Tiger gesucht. Doch Experten gaben am Freitag Entwarnung: es handelt sich um eine kleinere Raubkatze, die nicht wirklich gefährlich ist.

Jagd nach dem falschen Tiger
Foto: Facebook

Neben der Gedenkfeier zum Ende des Ersten Weltkriegs und der Sammelaktion für Spielzeug wirkt der Hinweis auf einen Tiger exotisch. Und doch machte die Gemeinde Montévrain mit ihren knapp 9000 Einwohnern Jagd auf eine Raubkatze. Die Frau des Chefs eines Supermarkts sah das Tier am Donnerstagmorgen zum ersten Mal vom Parkplatz aus. Mit ihrem Handy fotografierte sie es - und wurde damit auf einen Schlag berühmt. Denn es waren die bisher einzigen Fotos des Vierbeiners, der die Gegend rund 40 Kilometer östlich von Paris unsicher machte. Auf dem verwaschenen Foto, das in allen Zeitungen und Nachrichtensendungen war, ist ein Tier mit rötlichem Fell hinter Gräsern zu erkennen. "Ein junger Tiger wurde heute Morgen in den Wäldchen hinter den Tennisplätzen und dem Fußballfeld gesehen", warnte die Gemeindeverwaltung von Montévrain sofort die Einwohner.

Die reagierten schnell: Eltern taten sich zusammen, um ihre Kinder mit dem Auto von der Schule abzuholen. Von Spaziergängen, vor allem im Wald, rieten die Behörden dringend ab. Doch der Alarm war unnötig. Denn die Untersuchung von Pfotenabdrücken am Freitag ergab, dass es sich bei dem Raubtier gar nicht um einen Tiger handelte. Von einem Luchs oder einer anderen Wildkatze sprach die Jagdbehörde, nachdem Experten noch am Donnerstag ziemlich sicher gewesen waren, dass ein Tiger sein Unwesen treibt. "Die Gegenwart eines Tieres der Art der Tiger ist nun ausgeschlossen", gab die Präfektur Entwarnung. Die Vorsichtsmaßnahmen galten allerdings weiter.

Auf Deutsch mit dem Tier sprechen

Und Experten gaben munter Tipps, was bei einer Begegnung mit der Raubkatze zu tun sei. "Wie bei einem Hund gilt: man muss schreien, so laut wie möglich," zitierte das Fernsehen den Leiter des Zirkus Pinder, Gilbert Edelstein. Besonders gut sei es, auf Deutsch mit dem Tier zu reden, denn die kehligen Laute könnten abschreckend wirken. "Nur nicht bewegen", lautete der Rat des Zirkusdirektors.

Woher die Raubkatze kam, die die Region Paris in Atem hielt, blieb am Freitag ein Rätsel. Denn ein Raubtierpark in der Nähe und ein Zirkus, der vor kurzem in der Region gastierte, vermissten kein Tier. Auch aus dem nur zehn Kilometer entfernten Disneyland, wo es ohnehin nur Pferdekutschen als tierische Attraktion gibt, stammte der vierbeinige Flüchtling nicht. Vielleicht brach die Raubkatze bei einem Privatmann aus, der es verbotenerweise bei sich zu Hause hielt. Der könnte sich nun nicht melden, weil er dann die Suche nach seinem ungewöhnlichen Mitbewohner zahlen müsste.

Immerhin bis zu 200 Polizisten und ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera waren vorübergehend auf Tigerjagd. Sie hatten Anweisung, das Tier zu betäuben, wenn sie es erwischen. "Wenn es sich gefährlich zeigt, wird die Anweisung gegeben, es zu töten", teilte die Präfektur mit. Doch an der Gefährlichkeit des Streuners gab es am Freitag starke Zweifel. Im Jahr 2000 gab es schon einmal Tigeralarm in Frankreich: das vermeintliche Raubtier stellte sich damals als wilde Hauskatze heraus.

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