Jamaikapleite und die Folgen für Berlin

Stuttgart/Saarbrücken · Das Ende von Jamaika im Saarland verärgert die FDP im Bund, soll aber die Arbeit der Koalition nicht belasten.

Stuttgart/Saarbrücken. Der Zorn war am Wochenende in den Reihen der Liberalen noch groß. Eine "Unverschämtheit" sei es gewesen, ätzte die stellvertretende FDP-Vorsitzende Birgit Homburger, dass die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) die Jamaika-Koalition ausgerechnet während des so wichtigen Dreikönigstreffens der FDP in Stuttgart aufgekündigt habe. "Ein solcher Umgang ist in bürgerlichen Kreisen unüblich", kritisierte Homburger. Das deute auf ein "abgekartetes Spiel mit der SPD" hin. Trotz aller öffentlichen Aufregung hieß es gestern jedoch auch, dass der "unfreundliche Akt im Saarland" das Koalitionsklima in Berlin nicht nachhaltig belasten werde. Besser ist das, denn die Stimmung unter den schwarz-gelben Koalitionären ist nach wie vor alles andere als gut. Der Umstand, dass sich FDP-Parteichef Philipp Rösler und sein künftiger Generalsekretär Patrick Döring am Wochenende zu dem vermeintlichen Affront nicht weiter äußerten, zeigt, dass die Liberalen nicht zu sehr an der Empörungsschraube weiterdrehen wollen. Man sei sich darüber im Klaren, verlautete es aus der Parteizentrale, dass das Scheitern der Koalition aus Union, Grüne und FDP vor allem ein "regionales Ereignis ist, trotz aller Verärgerung in unseren Reihen". FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte sogar, dass es eine Mitverantwortung ihrer Partei gebe: Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die FDP im Saarland in einer schwierigen personellen Lage sei.
Bei der FDP war gestern zu hören, dass der Vorgang voraussichtlich nicht auf höchster Ebene thematisiert werden soll, also auch nicht im Koalitionsausschuss von Union und FDP. Das Bündnisklima aufgrund der Dauerkrise der Liberalen sei ohnehin schon angegriffen genug, hieß es. Allerdings wurde in der FDP schon die Frage aufgeworfen, ob Kanzlerin Merkel ihre Parteifreundin Kramp-Karrenbauer nicht dazu hätte drängen müssen, das Aus für Jamaika später zu verkünden. Zumindest nicht während der Rede von FDP-Chef Rösler in Stuttgart. Manch einer wertete dies als Provokation der Kanzlerin gegen Rösler.
Aus Regierungskreisen hieß es gestern jedoch, dass auch Merkel offenbar von der Dynamik im Saarland insbesondere am Freitag überrascht worden sei. Man dürfe zugleich die Fähigkeiten der Bundesebene nicht überschätzen, solche Ereignisse in einzelnen Bundesländern zu koordinieren. "Der Vorgang wird aber keine bundespolitischen Konsequenzen haben", wurde erneut betont. has
Extra

Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland schließt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle ein ähnliches Schicksal für das schwarz-gelbe Bündnis im Bund aus. Gleichzeitig betonte der FDP-Fraktionschef, derzeit keine Ambitionen auf den Parteivorsitz zu hegen. "Philipp Rösler macht seine Arbeit sehr gut," sagte Brüderle. Er lobte den Auftritt Röslers beim Dreikönigstreffen in Stuttgart. Seine Rede sei nachdenklich, strategisch und deshalb sehr gut gewesen. dpa

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