Jeder Fünfte erkrankt an Depressionen

TRIER. (ik) Sebastian Deisler ist alles andere als ein Einzelfall: Wie der Fußballprofi muss jeder fünfte Deutsche mindestens einmal im Leben mit einer Depression fertig werden. Oft allerdings bleibt diese Krankheit unerkannt - und das kann schlimme Folgen haben.

Die gute Nachricht zuerst: Menschen mit Depressionen kann in fast allen Fällen geholfen werden. Die schlechte: Viele Betroffene gestehen sich nicht ein, dass sie Unterstützung brauchen, oder sie schämen sich und gehen deshalb nicht zum Arzt. Bleiben Depressionen unbehandelt, leidet nicht nur der Patient unnötig, die Krankheit kann auch einen chronischen Verlauf nehmen und im schlimmsten Fall zum Suizid führen.Die Versuche, psychische Probleme zu vertuschen, kommen nicht von ungefähr: Über dieses Thema spricht man nicht - und nimmt es oft auch nicht ernst. "Depressionen werden häufig unterschätzt und irgendwo zwischen Schnupfen und Einbildung eingeordnet", heißt es auf der Homepage des Kompetenznetzes Depression, einem Zusammenschluss von Fachleuten. Dr. Dr. Wilhelm Classen, Chefarzt der Psychiatrie des Trierer Mutterhauses, betont: "Es ist keine Schande und keine Schuld, depressiv zu werden. Es ist eine Krankheit, die behandelt werden muss." Dazu stehen zahlreiche Methoden zur Verfügung - von verschiedenen Therapien bis zu Medikamenten.Woher kommen Depressionen? "Es gibt sehr viele Unterschiedliche Formen", sagt Classen. Die Palette reicht von körperlichen Krankheiten, belastenden Erfahrungen und fehlender Anerkennung bis zu genetischen Faktoren. "Nimmt man alle Formen von Depression zusammen, ist die Zahl in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen", sagt Classen. Er bestätigt die Zahlen der Stiftung Warentest, wonach 17 bis 20 Prozent der Menschen mindestens einmal im Leben an dieser Krankheit leiden.In Sachen Enttabuisierung habe sich zwar einiges getan, sagt Classen. "Man kann in der Öffentlichkeit mehr über Depressionen reden, viele Betroffene gehen selbstbewusster mit ihrer Krankheit um." Doch es bleibe noch viel zu tun. Der Trierer Förderverein Psychiatrie bemühe sich um Aufklärung der Öffentlichkeit, und bei Weiterbildungen versuche man, Hausärzte für das Thema zu sensibilisieren.Denn nicht immer bringt der Gang zum Arzt Depressiven schnelle Besserung: "Oft", sagt Classen, "dauert es lange, bis Allgemeinmediziner das Problem erkennen."

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