Jobwechsel zur Deutschen Bahn: Ex-Kanzleramtsminister auf Tauchstation

Berlin · Der geplante Wechsel des früheren Kanzleramtsministers Ronald Pofalla hat heftige Reaktionen ausgelöst. Unsere Zeitung hatte als erste über die Personalie berichtet. Die Opposition fordert schärfere Regelungen für den Übergang von Politikern in die Wirtschaft.

Stinksauer ist die CDU-Basis im Wahlkreis Kleve am Niederrhein. Ronald Pofalla (54) ist dort Ehrenvorsitzender und hat das Direktmandat am 22. September mit 50,9 Prozent der Stimmen geholt, zum sechsten Mal. Er habe, berichtete der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Günther Bergmann auf Anfrage, seit dem Vortag an die 50 Anrufe von Mitgliedern bekommen, "die alle irritiert sind, gelinde gesagt".

Anlass: Pofalla soll einen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn AG erhalten, bei dem er zwischen 1,3 und 1,8 Millionen Euro jährlich verdienen könnte (der TV berichtete gestern). Bergmann, der von Pofalla nicht eingeweiht wurde, erinnert sich an die letzte Kreisvorstandssitzung am 13. Dezember, die der Kanzleramtsminister verlassen habe, ohne ein Wort zu seiner Zukunft zu sagen. Minuten später sei die Meldung gelaufen, dass er als Minister nicht mehr antrete. Auch diesmal kommuniziere Pofalla nicht. Er habe versucht, ihn wegen der Bahn-Meldungen zu erreichen, aber Pofalla gehe nicht an sein Handy, sagt der CDU-Kreischef: "Kein Bild, kein Ton."

Mandatsverzicht gefordert

Der Landeschef der NRW-CDU, Armin Laschet, legt Pofalla jetzt den Mandatsverzicht im Bundestag nahe. Schon einmal ist ein CDU-Politiker ähnlich gescheitert. Norbert Röttgen wollte 2007 Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI werden, aber Bundestagsabgeordneter bleiben. Am Ende verzichtete er angesichts der Proteste auf den Industriejob.

Das könnte Pofalla auch passieren, denn noch ist sein Posten als Vorstandsmitglied der Bahn nicht sicher. Der Aufsichtsrat der Bahn muss im März entscheiden; in ihm sitzen drei Staatssekretäre, darunter einer aus dem SPD-Wirtschaftsministerium. Ein führender SPD-Politiker, Justizstaatssekretär Ulrich Kelber, äußert sich kritisch: Es entstehe der Eindruck, dass der frühere Kanzleramtsminister von der Bahn "gezielt gekauft" werde, sagt Kelber.

Denn Pofalla soll für die Bahnkontakte zur Politik in Berlin und Brüssel zuständig sein. Es sei nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine Lobby-Funktion wechsle. Dem wollen Union und SPD ohnehin einen Riegel vorschieben. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass man für ausscheidende Kabinettsmitglieder "eine angemessene Regelung" finden wolle, um den Anschein von Interessenskonflikten zu vermeiden. Angemessen könnte beispielsweise eine Wartezeit von einem oder mehreren Jahren liegen, wie sie gestern Linken-Chefin Katja Kipping und die Antikorruptions-Organisation Transparency International forderten.

Von Seiten der Bundesregierung gab es zumindest in der Bundespressekonferenz keine Stellungnahme, wie dieses Video zeigt:

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