Jugendliche legen auf Wählen ab 16 nicht viel Wert

Eine seit vielen Jahren geführte Debatte flammt neu auf: Sollen 16-Jährige, denen Autofahren oder ein Kneipenbesuch nach Mitternacht verboten ist, in Rheinland-Pfalz wählen dürfen? SPD und Grüne werben für ihren Plan.

 Links, rechts, Mitte: Wohin führt der Weg der Politik? Geht es nach SPD und Grünen, sollen Jugendliche das auf Kommunalebene bald mitbestimmen. Foto: iStock/John Kounadeas

Links, rechts, Mitte: Wohin führt der Weg der Politik? Geht es nach SPD und Grünen, sollen Jugendliche das auf Kommunalebene bald mitbestimmen. Foto: iStock/John Kounadeas

Mainz. Im sozialen Netzwerk Twitter, das viele junge Leute nutzen, liefert SPD-Generalsekretärin Heike Raab täglich übers Handy neue Informationen aus der Landespolitik. Gestern wollte sie selbst etwas wissen, nämlich was die Fangemeinde davon hält, dass ihre Partei gemeinsam mit den Grünen das Wahlalter senken will.

Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus und sind ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Diskussion. Befürworter und Gegner einer solchen Regelung finden sich quer durch alle Parteien und Bevölkerungsschichten. "Im linken Spektrum ist man eher dafür, im rechten eher dagegen", sagt der Politologe Ulrich Sarcinelli, Vizepräsident der Universität Koblenz-Landau.

Pro-Argumente: Befürworter hoffen, der Politikverdrossenheit begegnen zu können, die sich in seit Jahren sinkenden Wahlbeteiligungen manifestiert. Je früher man mit Demokratie beginne, umso eher könne man dafür begeistern. "Jugendliche haben heute einen anderen Reifegrad als früher, werden ernster genommen. Wenn sie auch wählen dürften, wäre das die logische Konsequenz", sagt Ulrich Sarcinelli. Die Wahlbeteiligung bei Erstwählern sei im Vergleich zu anderen Altersgruppen unterdurchschnittlich. Sarcinelli nennt ein weiteres Argument: "Würde das Wahlalter gesenkt, würde die Politik diese Wählerschaft vielleicht ins Blickfeld rücken und ihre Interessen stärker berücksichtigen."

Contra-Argumente: 16-Jährige dürfen ohne Einwilligung der Eltern keinen Handy-Vertrag abschließen und keinen harten Alkohol trinken, sollen aber bei Kommunal- und Landtagswahlen ihr Kreuzchen machen dürfen? Gegner dieser Regelung führen ins Feld, dass der Gesetzgeber jene, die er in vielerlei Hinsicht für schutzbedürftig halte, mit einem Recht ausstatten wolle, das eine große Verantwortung verlange. Außerdem befürchten sie eine zwangsläufige Debatte für das passive Wahlrecht, die dazu führen könnte, dass 16-Jährige künftig im Landtag sitzen würden.

Auch auf Erfahrungen in anderen Bundesländern wird verwiesen. In Niedersachen (seit 1996) oder Nordrhein-Westfalen (seit 1999) sei kein Zusammenhang zwischen dem Wahlalter und der Wahlbeteiligung ersichtlich gewesen. Sie sinke nach wie vor.

Professor Ulrich Sarcinelli zieht den Schluss: "Das Absenken des Wahlalters schadet nicht, aber man sollte nicht zu große Erwartungen damit verbinden." Eine starke Politisierung sei nicht zu erwarten. Untersuchungen zeigten außerdem, dass ein aktives Wahlrecht "kein extremes Anliegen der Jugendlichen ist".

Auf diesen Aspekt weist auch die CDU-Landtagsfraktion hin. In der Enquete-Kommission "Jugend und Politik" des Landtags habe sich ein Großteil der Jugendlichen gegen eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre ausgesprochen. "Diese Tendenz zeigte sich in zahlreichen Gesprächsrunden mit Schülerinnen und Schülern, Jugendgruppen und -treffs", sagt CDU-Sprecherin Jeanette Glock.

Die Jugendlichen hätten sich nicht ausreichend informiert gefühlt, um eine Wahlentscheidung zu treffen.

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