Junckers Plan, Europas Risiko

Straßburg · EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verspricht Milliarden für Investitionen für die kommenden Jahre. Für einen neuen Fonds sollen die EU-Staaten garantieren. Das ist umstritten.

Straßburg. Keine vier Wochen nach Amtsantritt hat EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker 315 Milliarden Euro an neuen Investitionen für die nächsten drei Jahre versprochen - ohne neue Schulden. Ein neu zu schaffender Investitionsfonds soll mit umgewidmeten EU-Haushaltsmitteln und mit Geld von der Europäischen Investitionsbank (EIB) gefüllt werden und Privatinvestoren das größte Projektrisiko abnehmen. Dann, so das Kalkül, würden diese ihre Portemonnaies öffnen.
Europaweit sind von einer Expertengruppe bereits rund 800 Projekte als Anlagemöglichkeit für private Geldgeber ausgemacht worden. Was aber wenn diese eigentlich auch ohne öffentliche Unterstützung eingestiegen wären? Und warum soll die öffentliche Hand das erste Verlustrisiko tragen? "Ein Fonds", sagt der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold, "der Privatinvestoren Gewinne garantiert und die Risiken der Allgemeinheit aufbindet, wird unsere Unterstützung nicht finden." Hinter vorgehaltener Hand werden Junckers Zahlen als "Zirkusnummer" und "Potemkinsches Dorf" bezeichnet. Auch auf der Fraktionssitzung der Europäischen Volkspartei, Junckers eigener Fraktion, überwogen am Dienstagabend kritische Fragen.
Zweifel an der Finanzierung


Vor allem an der Finanzierung bestehen Zweifel. In den Fonds sollen fünf Milliarden Euro von der EU-Investitionsbank fließen, während 16 Milliarden Euro über eine Bürgschaft des europäischen Haushalts abgedeckt werden. Diese Garantie kann demzufolge gegeben werden, wenn acht Milliarden Euro aus Infrastrukturposten, dem Forschungsetat sowie der Haushaltsnotreserve entnommen werden.
Das alarmiert EU-Haushaltspolitiker: Er sei durchaus "offen für alternative Finanzierungen", sagt der CDU-Experte Reimer Böge. Den mühsam erhöhten Forschungsetat zu beschneiden, wobei nicht garantiert sei, dass aus dem Investitionsfonds ähnliche Beträge fließen, so der Schleswig-Holsteiner, "das geht gar nicht". Außerdem könne man nicht einfach die Notreserve für unvorhergesehene Fälle wie die Ebola-Epidemie antasten.
Böges Gegenvorschlag: Wenn die EU-Fonds für Regionalpolitik und ländliche Entwicklung bis 2020 um zwei Prozent gekürzt würden, stünden gut neun Milliarden Euro bereit. Wenn die Kommission und diie Mitgliedstaaten gesprächsbereit seien, könne der avisierte Starttermin des Fonds Mitte nächsten Jahres gehalten werden - sonst nicht.

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