Jung, ostdeutsch und extrem rechts

Seit 2002 lässt die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung alle zwei Jahre die Deutschen repräsentativ nach rechtsextremen Einstellungen befragen. Ein so krasses Ergebnis wie in diesem Jahr gab es noch nie: 15,8 Prozent der Ostdeutschen haben ein rechtsextremes Weltbild. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Westen (7,3 Prozent).

Berlin. Der Befund der SPD-Studie lässt sich kaum als Ost-West-Gerede abtun, denn die Studie gilt als seriös. Der TV hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
Wie gingen die Forscher vor?
Sie befragten zufällig ausgewählte 2415 Personen, davon 486 aus den neuen Ländern. Sie stellten je drei Fragen zu sechs Kategorien von rechtsextremen Einstellungen: Befürwortung einer Diktatur, übersteigertes Nationalgefühl, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus (Judenfeindlichkeit), Sozialdarwinismus (Recht des Stärkeren) und Verharmlosung des Nationalsozialismus. Wenn jemand in allen sechs Bereichen die Fragen deutlich bejaht, spricht man von einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild. Derjenige hat also etwas gegen Juden und Gastarbeiter, findet, dass Hitler nicht nur Schlechtes gemacht hat und wünscht sich, dass in Deutschland ein starker Führer regiert.
Wie fällt der Ost-West-Vergleich aus?
Schlecht für die neuen Länder, obwohl Forscher sagen, dass es sich nicht um ein regional begründetes Phänomen handelt, sondern um Probleme abgehängter Regionen. Die freilich gibt es überwiegend im Osten.
Generell liegen die Ostdeutschen in fünf von sechs Rechtsextremismus-Kategorien vor den Westdeutschen. Nur bei der Frage, ob der Nationalsozialismus auch seine guten Seiten gehabt habe, ist die Zustimmung im Westen höher.
Seit 2002 hat der Anteil von Menschen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild im Osten von 8,1 Prozent auf jetzt 15,8 Prozent zugenommen, während er im Westen von 11,3 auf 7,3 zurückging. Die Ausländerfeindlichkeit stieg im Osten in den letzten zehn Jahren sogar von 30,2 auf 38,7 Prozent - obwohl es dort nach wie vor wenig Ausländer gibt.

Gibt es Unterschiede zwischen den Altersgruppen?
Rechtsextremistische Einstellungen sind in den neuen Ländern kein Problem der Alten mehr - die 14- bis 30-Jährigen liegen dort in fast allen Kategorien deutlich vor den über 60-Jährigen. 7,7 Prozent der jungen Menschen in den neuen Ländern befürworten eine Diktatur (nur 3,8 Prozent der Alten), 28,2 Prozent (18,3 der Alten) denken national-chauvinistisch, 6,2 Prozent verharmlosen die Hitler-Diktatur. Bei den über 60-Jährigen ist der Anteil halb so groß. Die Ost-Jugend hat in allen Kategorien auch drei bis fünf Mal so hohe Werte wie die jüngere Generation im Westen.
Welche Ergebnisse gab es noch?
Menschen mit Abitur denken nur halb so häufig rechts wie Menschen ohne Abitur. Bildung wirkt also aufklärend. Offene und indirekte Judenfeindlichkeit sind weit verbreitet. So stimmen über 20 Prozent aller Befragten der Aussage zu, dass Juden zu viel Einfluss auf die öffentliche Meinung hätten und sogar 62 Prozent finden, man solle sich nicht mehr so viel den Ereignissen vor 60 Jahren widmen. Ebenfalls stark zunehmend: die Islamfeindlichkeit. 57 Prozent halten die islamische Welt für rückständig, 56 Prozent den Islam für eine archaische Religion, die sich nicht der Gegenwart anpassen könne. wk

Die komplette Studie "Die Mitte im Umbruch" unter: www.fes-gegen-rechtsextremismus.de

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