Junge Ärzte kehren der Region den Rücken

Trier · Nachwuchsmediziner wollen lieber in Großstädte. Überwiegend bewerben sich ausländische Ärzte in hiesigen Kliniken.

Trier Eigentlich hätte er gern im Wittlicher Krankenhaus gearbeitet. Der junge Arzt aus Berlin hatte auch schon zugesagt. Doch dann entschied er sich kurzfristig, die Stelle in der Inneren Medizin nicht anzunehmen. Die Region spreche ihn nicht so sehr an, teilte er dem Leiter der Personalabteilung im Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich, Marco Titze, mit. Ein Problem, vor dem fast alle Kliniken in der Region stehen. "Der häufigste Grund, warum eine Besetzung scheitert, ist, dass nach wie vor viele Ärzte sich Stellen in den Ballungszentren suchen", sagt Helga Bohnet, Sprecherin des Mutterhauses in Trier. "Zurzeit drängt eine Generation von jungen Medizinern auf den Arbeitsmarkt, die andere Vorstellungen von der Arbeitsgestaltung hat als frühere Absolventen eines Medizinstudiums", meint Dunja Kleis, Landeschefin der Krankenkasse Barmer. Die qualifizierten Bewerber bevorzugten es, ihre Facharztausbildung möglichst in größeren Städten oder in deren Nahgebieten zu absolvieren, sagt Titze. "Die Tätigkeit in einem Krankenhaus erfordert zum Beispiel oftmals eine Flexibilität, die nicht immer einfach mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Einklang zu bringen ist", sagt Kleis. Aus dem gleichen Grund gebe es auch einen Trend, sich in Praxen von niedergelassenen Ärzten anstellen zu lassen, statt eine eigene Praxis zu eröffnen. Kleis: "Die hohe Arbeitsbelastung, die eine eigene Praxis mit sich bringt, ist oft ein Hemmnis."
Ähnlich sieht es auch Günther Matheis. Die Ärzte, die an sieben Tagen die Woche jeweils 24 Stunden als Hausarzt zur Verfügung stünden, würden immer seltener, sagt der Präsident der Landesärztekammer.
Barmer-Landeschefin Kleis sieht auch in der Krankenhausstruktur einen Grund dafür, warum es für die Kliniken immer schwerer wird, Personal zu finden: "Als Folge der teils hohen Krankenhausdichte konkurrieren manche Krankenhäuser besonders stark um Einnahmen, aber auch um Personal." Dort, wo es viele Kliniken auf engem Raum gebe, müsse nicht jedes Krankenhaus alle medizinischen Leistungen anbieten. Ähnlich argumentiert auch Matheis, der als Chirurg im Trierer Brüderkrankenhaus arbeitet. Es mache wenig Sinn, wenn zwei dicht nebeneinander liegende Kliniken etwa teure Herzkatheter-Operationen anbieten würden. Statt sich daran zu orientieren, welche medizinischen Angebote die höchsten Einnahmen garantierten, sollten auch die großen Häuser danach schauen, wo es noch Lücken in der medizinischen Versorgung gebe. Kleinere Kliniken auf dem Land sollten sich nach Ansicht von Matheis auf die medizinische Grundversorgung konzentrieren. Für ihn liegt die Lösung des Ärztemangels in der Ausweitung der Medizinstudienplätze. Es gebe bis zu 11 000 Plätze zu wenig. "Das Land muss Geld in die Hand nehmen", fordert Matheis. Kleis spricht sich dafür aus, dass nicht mehr allein die Abiturnote für ein Medizinstudium ausschlaggebend sein dürfe,. "Einige Zulassungen zum Medizinstudium sollten an eine Tätigkeit als Hausarzt auf dem Land nach dem Studium gekoppelt sein." Für die Kliniken würde sich dadurch wenig ändern. Deutsche Bewerber gebe es kaum, heißt es fast übereinstimmend aus Krankenhäusern der Region. Und ausländische Bewerber verfügten oft nicht über ausreichende Sprachkenntnisse, sagt Andreas Hufschmidt, Ärztlicher Direktor des Verbundkrankenhauses Bernkastel/Wittlich. "Schlechte Sprachkompetenz ist ein K.o.-Kriterium."ÄUSLäNDISCHE ÄRZTE


Extra

(wie) Bevor ausländische Ärzte in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern arbeiten dürfen, müssen sie bei der Landesärztekammer eine Sprachprüfung absolvieren. Sie müssen also bereits über weitgehende Deutschkenntnisse verfügen. Seit August 2012 wurden laut Kammer 1070 dieser Prüfungen abgelegt. Rund 63 Prozent der Teilnehmer hätten die Prüfung bestanden. Die Durchfallquote liege bei rund 37 Prozent. Die meisten Prüflinge kommen der Mitteilung der Landesärztekammer zufolge aus Syrien, Libyen, Rumänien, Palästina und Russland. Neben den Sprachkenntnissen, bedürfe es bei ausländischen Ärzten auch einer Schulung im Verfassen von Arztbriefen, sagt eine Sprecherin des Trierer Mutterhauses. Dort wird dazu ein spezieller Kurs angeboten.

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