Kalle und Rolf

Über kaum ein Thema kann man sich so schön aufregen wie über das Schmarotzertum. Wer sich auf Kosten anderer bereichert oder einen schönen Lenz macht, der stößt auf Ablehnung, ja Verachtung. Deutlich wird dies an einer Kern-Errungenschaft des Sozialstaates, der Sozialhilfe.

Jeglicher Missbrauch dieser Nothilfe eignet sich hervorragend, um die Volksseele zum Kochen zu bringen. "Viagra-Kalle" und "Miami-Rolf" lassen tolldreist grüßen. Bei näherer Betrachtung der Fakten erfährt das Bild indes eine Relativierung: Die allermeisten der rund vier Millionen Sozialhilfe-Empfänger haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Leistungen. Gerade mal 1000 davon leben im Ausland, und viele davon sind alt und krank. Aber um diese Personengruppe geht es ja nicht. Es sind die schwarzen Schafe, die das Blut in Wallung bringen. Kalle und Rolf strapazieren den Sozialstaat, keine Frage. Aber die Schuld am möglichen Missbrauch trägt der Gesetzgeber, der das Anspruchsdenken gefördert hat. Ein Fehler, der jetzt (endlich) korrigiert werden soll. Wer allerdings Wert darauf legt, dass seine Empörung ernst genommen wird, darf sich durchaus weiter gehende Gedanken machen. Sind es nicht unsere Millionäre, die ihr Geld gern im Ausland besuchen? Waren nicht unser aller Kaiser, unser Bobbele und unser Schumi der Meinung, es reiche völlig aus, wenn der kleine Malocher das Land verteidigt und den Staat finanziert? Aber diese Herrschaften sind ja keine Schmarotzer - sondern Stars und Idole. nachrichten.red@volksfreund.de

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