Kampf dem Koma-Saufen

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung und der Handelsverband Deutschland (HDE) wollen gemeinsam gegen das sogenannte Koma-Saufen vorgehen. Der Einzelhandel verpflichtet sich, künftig die Ausweise junger Alkoholkäufer noch genauer zu prüfen.

Berlin/Trier. "Rauschtrinken, Rucksack-Saufen, Koma-Saufen - bei Kindern und Jugendlichen arten Partys immer öfter zum Alkoholexzess aus", warnt die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz. Kinder und Jugendliche betrinken sich gezielt - oft bis zur Bewusstlosigkeit, so die Experten: "Bereits ein Drittel aller 15-Jährigen war bereits zweimal im Leben völlig betrunken", warnen die Experten von der Landeszentrale. Auch die Bundesdrogenbeauftragte Mechthild Dyckmanns (FDP) sieht diese Gefahr und hat nun mit dem HDE ein Bündnis geschmiedet. Bisher ist nach Ansicht der Drogenbeauftragten nicht scharf genug kontrolliert worden. "Ich freue mich, dass der Einzelhandel meiner Empfehlung gefolgt ist und generell den Ausweis kontrolliert", sagte Dyckmanns bei der Vorstellung des Aktionsplans.

Interne Testkäufe in Geschäften



Zunächst werden über einen Zeitraum von einem Jahr interne Testkäufe mit Volljährigen in den Geschäften durchgeführt. Später solle erhoben werden, wie sich die Kontrollen ausgewirkt haben. "Die Ausweiskontrolle wird nicht verhindern, dass Jugendliche trinken wollen, aber sie erschwert den Zugang zum Alkohol", sagte Dyckmanns. Der Einzelhandel will sein Verkaufspersonal besser ausbilden. Zusätzlich sollen Kassenwarnsysteme und Kontrollen von Verstößen eingeführt werden. Der HDE-Chef appellierte auch an Gastronomiebetriebe und Tankstellen, schärfer zu kontrollieren. Die Wirtschaft in der Region sieht den Aktionsplan positiv. Matthias Schwalbach, Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer Trier sagt: "Das ist ganz im Sinne des Handels." Auch die Bitburger Brauerei unterstützt die Bundesdrogenbeauftragte. Werner Wolf, Sprecher der Geschäftsführung der Bitburger Braugruppe, sagte dem TV: "Diese Strategie hat unsere volle Unterstützung. Was in der momentanen Situation zählt, sind verstärkte Maßnahmen zur Prävention, die an den tatsächlichen Ursachen des Alkoholmissbrauchs ansetzen. Nur so kann man diesem zielgerichtet und wirkungsvoll entgegentreten."

Sabine Bätzing (SPD), Vorgängerin von Dyckmanns, hatte mit einem strikten Alkohol-Werbeverbot, einer Promille-Absenkung und einer deutlichen Steuererhöhung gedroht und damit die Kritik der Getränkeindustrie hervorgerufen.

Die Zahl der volltrunkenen Jugendlichen ist in der Region in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2007 gab es einen Höchststand mit 154 jugendlichen Volltrunkenen.

Kommentar

Bündnis in Bewährungsprobe

Die neue Drogenbeauftragte hat die Daumenschrauben ihrer Vorgängerin wieder eingepackt. Während Sabine Bätzing massiv die Getränkeindustrie in Fesseln legen wollte, geht ihre Nachfolgerin einen anderen Weg. Ob sie damit Erfolg hat? Dass man mit Verboten oft nicht zum erwünschten Ziel kommt, lehrt die Geschichte. Nie wurde in den USA mehr gesoffen als zu Zeiten der Prohibition. Doch ganz ohne Kontrolle und Regeln geht es nicht. Und die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche heute früher und exzessiver Alkohol trinken als vorherige Generationen, ist nicht wegzudiskutieren. Mit der Selbstverpflichtung des Handels hat die Wirtschaft eine große Verantwortung übernommen. Die Verpflichtung selbst ist nicht Neues - doch neu muss die Konsequenz sein, mit der sie umgesetzt wird. h.waschbü sch@volksfreund.de

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