Kampf um ein deutsches Steuer-FBI

Berlin · Nach den Enthüllungen über die exotischen Tummelplätze der Superreichen und ihrer Vermögen wird in Deutschland über eine effiziente Steuerfahndung nachgedacht. Das Bundesfinanzministerium bringt dafür sogar ein "FBI gegen internationale Steuerhinterziehung" ins Spiel.

Berlin. Eine Bundespolizei für die Fahndung nach Steuerhinterziehern? Diese Idee ist jüngst vom Bundesfinanzministerium in die Diskussion geworfen worden - wohl wissend, dass die Steuerverwaltung Sache der Länder ist und dass daran zumindest kurzfristig keine Abstriche zu erwarten sind.
Allerdings ist der Ruf nach einer Art Bundesfinanzpolizei praktisch so alt wie die Bundesrepublik selbst. Schon bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes im Jahr 1949 war eigentlich die Schaffung einer zentralen Steuerverwaltung geplant, wie sie bereits in der Weimarer Republik existierte.
Doch die Alliierten stellten sich quer, weil sie darin eine zu starke Stellung des deutschen Zentralstaates sahen. Im Ergebnis wurde die bis heute existierende Länderfinanzverwaltung geschaffen.
Fünf Jahrzehnte später griff der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) die Idee einer zentralen Steuerverwaltung samt Fahndung noch einmal auf. Doch die notwendige Grundgesetzänderung scheiterte am Widerstand der Länder. Auch sein Amtsnachfolger Peer Steinbrück (SPD) versuchte sich daran vergeblich.
Im Zuge der Föderalismusreform II wurden die starren Fronten aber zumindest ein bisschen aufgebrochen. So erhielt das 2006 eingerichtete Bundeszentralamt für Steuern zusätzliche Kompetenzen bei der Betriebsprüfung. Die Behörde kann zum Beispiel die Länder bei der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug unterstützen. Ohne Zutun der Länder darf der Bund aber nicht aktiv werden. Und einer Steuerfahndung allein durch den Bund würden die Länder wohl auch niemals zustimmen.
Doch auch ergänzende Aktivitäten wären ein Fortschritt. Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält ein zentrales Kompetenzzentrum für denkbar, das sich auf das komplizierte Geflecht internationaler Steueroasen spezialisieren und bei Bedarf von den Finanzbeamten der Länder genutzt werden könnte. Möglich wäre auch, dass ein Sachbearbeiter in Saarbrücken oder Leipzig einen Fall wegen seiner Komplexität vollständig an das schon erwähnte Bundeszentralamt für Steuern abgibt, welches dann auch mit Fahndungskompetenzen ausgestattet sein müsste.
In jedem Fall ist mehr Personal notwendig. Es wäre gut investiertes Geld. Laut Steuergewerkschaft kostet ein Prüfer im Bereich Unternehmen und Einkommensmillionäre inklusive Lohn und Büroausstattung 80 000 Euro pro Jahr. Er holt aber im Schnitt eine Million Euro an Steuern herein.
Viele unbesetzte Stellen


In der Praxis geht der Trend allerdings eher zum Personalabbau. Allein in Bayern ist laut dem dortigen Rechnungshof jede fünfte Betriebsprüferstelle unbesetzt. Dabei verfügt gerade der Freistaat über viel Industrie und zahlreiche Einkommensmillionäre. Die entsprechend lasche Prüfpraxis hat freilich nicht nur mit dem bayerischen Bestreben zu tun, darin auch eine "Art der Wirtschaftsförderung" zu sehen, wie SPD-Chef Sigmar Gabriel kürzlich kritisierte. Der Anreiz, schwarze Steuerschafe aufzuspüren, hält sich für reiche Bundesländer auch deshalb in Grenzen, weil sie den Ertrag zum großen Teil wieder über den Länderfinanzausgleich an andere abgeben müssen. Hier könnte es Bewegung geben. Weil der Solidarpakt zugunsten der neuen Länder 2019 ausläuft, wird man schon in der kommenden Wahlperiode ernsthaft über die gesamten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern nachdenken müssen. Die Verhandlungen darüber erfordern jedenfalls einen längeren Vorlauf.
Die CDU-Politikerin Antje Tillmann, die bereits in der Föderalismuskommission II für Fragen der Steuerverwaltung zuständig war, geht davon aus, dass spätestens dann auch das Thema Steuerfahndung wieder zur Debatte stehen wird. "Die Stimmung ist doch so, dass sich die Steuerehrlichen verschaukelt vorkommen. Deshalb muss die Politik da wieder ran", sagt Tillmann. "Und wenn man das sensibel mit den Ländern verhandelt, findet sich ganz sicher auch ein Kompromiss". Auf längere Sicht wäre eine ergänzende Steuerfahndung des Bundes also keine Utopie - auch wenn sie garantiert nicht FBI heißen wird.

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