Kampfeinsätze für den Minister

BERLIN. Großkampfwoche für Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD): Gestern legte der Wehrbeauftragte des Bundestages seinen heiklen Jahresbericht vor, zum anderen wird der unter Druck geratene Verteidigungsminister am Donnerstag unter dem Motto eine Regierungserklärung abgeben.

Struck unter Druck - und das nicht nur wegen der Reform der Bundeswehr und den damit verbundenen tiefen Einschnitten an sich. Nachdem Struck bereits 2004 mit 23,8 Milliarden statt den 24,2 Milliarden Euro des Vorjahres auskommen muss, will ihm Kabinettskollege Hans Eichel (SPD) jetzt auch an den auf Kante genähten Etat 2005. Rund 250 Millionen Euro soll Struck zusätzlich einsparen. Dagegen wehrt er sich momentan heftig, so dass hinter den Kulissen die Fetzen fliegen sollen. Der Truppenchef pocht zudem auf eine Vereinbarung mit Finanzminister Eichel, dass die Einsparungen im Wehretat durch die Bundeswehrreform in den nächsten Jahren auch im Verteidigungshaushalt verbleiben. Ausgestanden, heißt es, ist der Zoff der beiden noch lange nicht. Obwohl Struck zum großen Ärger von Eichel kürzlich im Kabinett Rückendeckung vom Kanzler erhielt. Das ist aber nicht das einzige Problem, dass den Minister momentan umtreibt - da gibt es noch die leidige Diskussion um die Abschaffung der Wehrpflicht. Diesbezüglich sitzen die Grünen Struck im Nacken. Zudem rennen ihm Kommunen und deren Abgeordnete die Tür ein, weil sie wissen wollen, ob sie von den angekündigten Standortschließungen betroffen sind. Derzeit berät ein kleiner Kreis im Führungsstab der Streitkräfte über die Verringerung der Kasernenzahl bis 2010 um rund 100 auf gut 400. Ende des Jahres soll feststehen, welcher Standort endgültig gekippt wird. Wenig Erbauliches bekam Struck gestern überdies vom Wehrbeauftragten Willfried Penner zu hören. Zahlreiche Soldaten beklagten sich vergangenes Jahr über Beförderungsstau, über fehlende Transparenz bei Reformen, die Absenkung des Auslandszuschlages, über die unterschiedliche Besoldung in Ost und West sowie Belastungen durch Auslandseinsätze. Zwar sank die Zahl der Eingaben um 354 Beschwerden auf 6082, aber "auch Soldaten sind nicht grenzenlos belastbar", kritisierte Penner. Improvisation ist bei der Bundeswehr außerdem mehr denn je an der Tagesordnung, um Mängel zu beseitigen. Und die sind gravierend: In einer Einheit mit 32 Schießgeräten für die Panzerfaust waren beispielsweise nur zweieinhalb einsatzfähig. An besonderen Vorkommnissen registrierte Penner 83 Verdachtsfälle sexueller Übergriffe auf Soldatinnen nach 75 im Vorjahr. Leicht gestiegen sind Taten mit Verdacht auf rechtsextremen Hintergrund (von 111 auf 139 in 2003), ausnahmslos waren es jedoch Äußerungsdelikte ohne Gewalttätigkeit. Zur Wehrpflicht habe es nur vereinzelte Eingaben gegeben, meinte Penner. Die Truppe registriere aber, dass der politische Rückhalt für die Wehrpflicht sinke.

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