Kaum besser, kaum schlechter

BERLIN. Für die SPD konnte es kaum besser kommen, bei der CDU konnte es nicht schlechter laufen. Diese Selbsteinschätzungen bestimmte gestern die Wahlnachlese der beiden großen Bundstagsparteien.

Der Befund nach der Wahl ist zunächst einmal paradox. Schließlich wurden Sozial- wie Christdemokraten böse abgestraft. In Brandenburg haben die Genossen mehr Stimmen eingebüßt als die C-Partei, und in Sachsen verlor die SPD gar ihre prozentuale Zweistelligkeit. Entscheidend ist freilich, was hinten heraus kommt. Das pflegte schon Ex-Kanzler Helmut Kohl zu sagen. Und so wirkt es eben wie ein schlechter politischer Scherz, wenn sich die Sozialdemokraten in Sachsen nun sogar auf die Regierungsteilhabe freuen können. "Der Tüchtige braucht auch Glück", kommentierte SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter die wundersame Fügung. Und überhaupt müsse man die Ergebnisse ja "in Relation zum Verhältnis vor drei oder vier Wochen sehen". Zu diesem Zeitpunkt drohte die SPD in Brandenburg tatsächlich hinter PDS und CDU auf Platz Drei zu landen.Optimistisch auch für NRW

Die Ursache für die fundamentale Trendwende führte Benneter auf den "klaren Kurs" von Ministerpräsident Matthias Platzeck zurück. Auch der Bundeskanzler lobte den ostdeutschen Hoffnungsträger der SPD in den höchsten Tönen:Platzeck habe "von A bis Z zur Politik der Bundesregierung gestanden". Das stimme ihn auch optimistisch für Nordhein-Westfalen. Im bevölkerungsreichsten Land der Republik sind am kommenden Wochenende Kommunalwahlen, bei denen die SPD ihr mageres Abschneiden vor fünf Jahren tatsächlich zum Besseren wenden kann, während die CDU ihr Top-Ergebnis von damals kaum mehr wiederholen dürfte. "Unser Trend geht nach oben, der Trend für die Union nach unten", resümierte Benneter voller Genugtuung. In die Parteifreunde des Freistaats Sachsen hatte man an sich keinerlei Hoffnungen gesetzt. Um so positiver fällt nun ihre wahrscheinliche Rolle als Juniorpartner der Union ins Gewicht. Damit rückt auch die drohende Zwei-Drittel-Übermacht der Union im Bundesrat etwas mehr in den Hintergrund. Nach einer Durststrecke sei die SPD "aus dem tiefsten Tief heraus", sagte Parteichef Franz Müntefering, um mit einem typischen Müntefering zu schließen: "Brandenburg gut, Sachsen alles Gute, Glück auf".Des einen Freud', des anderen Leid

Was des einen Freud`, ist bekanntlich des anderen Leid. CDU-Chefin Angela Merkel gestand dann auch ohne Umschweife die doppelte Niederlage ihrer Truppe ein. Weder sei man in Brandenburg stärkste Partei geworden, noch habe man in Sachsen die Alleinherrschaft halten können. Letzteres rechnen sich übrigens die sächsischen Grünen zu Gute an. Am Ende waren es ganze 2000 Stimmen, die die Ökos über die Fünf-Prozent-Hürde hievten. Dadurch wurde der Traum der FDP von einer schwarz-gelben Mehrheit im Freistaat zerstört. Wer allerdings glaubte, im Berliner Konrad-Adenauer-Haus würde ein Scherbengericht stattfinden oder gar der Führungsanspruch Merkels wackeln, sah sich getäuscht. Dem Vernehmen nach bestimmte eher Ratlosigkeit die Runde. In Brandenburg hatte Spitzenkandidat Jörg Schönbohm voll auf Hartz IV gesetzt, in Sachsen nahm Ministerpräsident Georg Milbradt die ungeliebte Reform kritisch ins Visier. Verloren haben beide. Was sollte man daraus lernen? Merkel beschwor Präsidium und Vorstand einmal mehr, einen "klaren Kurs zu halten". Dumm ist nur, dass es den gar nicht gibt. Bei den Sozialreformen tobt der innerparteiliche Glaubenskampf in Sachen Kopfpauschale, beim Thema EU-Beitritt der Türkei sagen die einen Hü, die anderen Hott, und auch bei der Hartz-Reform beschränken sich die internen Dissonanzen beileibe nicht nur auf Schönbohm und Milbradt.

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