"Kaum ein Einsatz wäre begründbarer"

TRIER. Je länger die Gewalt im Nahen Osten dauert, desto häufiger fallen Begriffe wie "UN-Friedenstruppe" und "Bundeswehreinsatz". Wie wahrscheinlich sind diese Optionen? Welche Voraussetzung müssen erfüllt sein? Das fragte der TV General a.D. Klaus Naumann, der Anfang der Woche zu Gast an der Universität in Trier war.

Wird es ein Engagement der Bundeswehr im Nahen Osten geben? Naumann: Im Moment halte ich diese Diskussion für verfrüht. Es gibt noch kein Mandat der Vereinten Nationen. Es gibt keine Entscheidung, wer ein solches Mandat ausführt. Und es gibt keine explizit erklärte Bereitschaft von Libanon und Israel, eine solche Truppe aufzunehmen. Im Übrigen: Noch wird gekämpft. Das ist kein geeigneter Zeitpunkt, eine Friedenstruppe zu entsenden. Ist ein Einsatz politisch durchsetzbar, bei dem deutsche Soldaten Juden gegenüber stehen könnten?Naumann: Wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass unsere Verpflichtung einen solchen Schritt erfordert, und die israelische Regierung einem Einsatz deutscher Truppen in dieser Pufferzone zustimmen würde, dann hielte ich kaum einen Einsatz für begründbarer und moralisch legitimierbarer als diesen. Welche Voraussetzungen müssten neben einem UN-Mandat und der damit verbundenen Zustimmung Israels und des Libanons gegeben sein?Naumann: Es muss ein eindeutiges Mandat geben. Dann muss die Bundesregierung prüfen, ob die Gesetze einen entsprechenden Einsatz deutscher Soldaten rechtfertigen oder nicht. Was nicht geschehen darf, ist, dass man deutsche Soldaten in einen Einsatz schickt, und sie dann durch Einschränkungen zu einer Truppe zweiter Klasse macht. Wie müsste denn ein solches eindeutiges UN-Mandat aussehen? Naumann: Es muss ein "robustes" Mandat sein, also zur Durchsetzung seiner Ziele auch Gewalt erlauben. Es muss ein Mandat sein, das die Umsetzung der UN-Resolution zur Entwaffnung der Hisbollah vorsieht. Und es muss sicherstellen, dass aus der zu etablierenden Pufferzone keine Angriffe auf Israel erfolgen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass es überhaupt eine UN-Friedenstruppe im Nahen Osten geben wird?Naumann: Ich bin überrascht, dass der israelische Verteidigungsminister Zustimmung zu dieser Frage signalisiert hat. Es ist abzuwarten, ob diese Haltung Bestand hat, wenn es zu einer Kabinettsmeinung in Israel kommt. An wen könnte ein Mandat ergehen?Naumann: Die Vereinten Nationen werden sich an eine intakte Organisation wenden, und da kommen nur zwei in Betracht: die Nato und die Europäische Union. Dann wäre Deutschland jeweils mit angesprochen. Es gibt allerdings Kritik, die Bundeswehr gehe immer neue militärische Abenteuer in aller Welt ein - zuletzt im Zusammenhang mit dem Kongo-Einsatz. Naumann: Ich wende mich dagegen, dass man Soldaten einsetzt und erst danach das politische Ziel dieses Einsatzes festlegt. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Man braucht einen klar umrissenen Auftrag mit begrenztem Umfang und begrenzter Dauer. Der Auftrag im Kongo ist zeitlich begrenzt und klar umrissen. Naumann: Die Frage ist aber: Wenn etwas schief geht - sind dann die wenigen europäischen Soldaten in der Lage, ihr Mandat auszuüben? Eine andere Frage ist: Wenn diese Wahl angefochten wird oder Konkurrenten den Sieg untereinander auskämpfen wollen - was macht die EU dann? Auf wessen Seite steht sie? Wie setzt sie ein von ihr anerkanntes Wahlergebnis durch? Darauf gibt es gegenwärtig keine Antworten. S Mit Klaus Naumann sprach TV-Redakteurin Inge Kreutz.

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