Kein Abend ohne "Wort zum Sonntag"?

Kommt das "Wort zum Sonntag" bald jeden Abend? Die deutschen Bischöfe wollen schon bald über die Einrichtung eines katholischen Fernsehsenders entscheiden. Zu den Befürwortern zählt angeblich auch der Trierer Bischof Reinhard Marx (53).

 Fernseherfahrung hat der Trierer Bischof Reinhard Marx (hier noch ohne Bart). Schon mehrfach war er in Talkrunden zu Gast oder wurde live zugeschaltet. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Fernseherfahrung hat der Trierer Bischof Reinhard Marx (hier noch ohne Bart). Schon mehrfach war er in Talkrunden zu Gast oder wurde live zugeschaltet. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Anderthalb Wochen reiste Triers Bischof Reinhard Marx als Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche Fragen mit einer Delegation durch die Vereinigten Staaten, sprach mit Politikern, Beratern und Kirchenvertretern. Und mit mehreren amerikanischen Medienexperten. Es sei notwendig, das Engagement der katholischen Kirche in den Medien zu verstärken, ließ Marx nach der Rückkehr durch seine Pressestelle mitteilen. Eine Verlautbarung, die normalerweise auf wenig Interesse stoßen würde, gäbe es nicht derzeit unter den deutschen Bischöfen eine eifrige Diskussion über das Für und Wider eines eigenen Fernsehsenders.Hohe Investitionen, geringes Interesse

Der Trierer Bischof Reinhard Marx gilt als Befürworter des Projekts. Ebenso sein Kommunikationsdirektor, Monsignore Stephan Wahl, einem größeren Publikum seit Jahren auch als ARD-Fernsehpfarrer ("Wort zum Sonntag") bekannt. Dass sich die beiden Trierer Kirchenmänner während ihrer Amerika-Reise auch mit Medienfragen beschäftigten, ist zumindest ungewöhnlich. Denn eigentlich ist in der Deutschen Bischofskonferenz der Vorsitzende der Publizistischen Kommission, der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst, für Medien-Sachen zuständig. In Fürsts Auftrag prüft derzeit auch eine Expertenkommission das Für und Wider eines kircheneigenen digitalen Fernsehkanals.Mit am Expertentisch sitzt auch Fernsehpfarrer Stephan Wahl. Der 47-jährige Priester ist dafür, dass die katholische Kirche in nicht allzu ferner Zukunft selbst auf Sendung geht. "In einer Medienwelt mit immer mehr Spartenkanälen können wir das Feld doch nicht allein den christlichen Splittergruppen überlassen", meint der bischöfliche Kommunikationsdirektor. Und: "Die Deutungshoheit sollten wir als katholische Kirche behalten."Ähnlich sehen das auch die beiden Bischöfe Gebhard Fürst und Reinhard Marx, auch wenn sie sich mit eindeutigen Meinungsäußerungen derzeit noch zurückhalten. Marx könne sich einen digitalen Sender "vorstellen", sagt sein Mediendirektor. Er wäre nicht abgeneigt, wenn es so weit käme, sagt Fürst.Allerdings: Entscheiden über einen eigenen katholischen Fernseh-Kanal muss letztlich die Bischofskonferenz. Skeptiker des Projekts wie der langjährige Medienminister des Vatikans, Erzbischof John Foley, warnen vor allem vor den "hohen Investitionen". Zudem sei das Publikum für katholische Fernsehsender "nicht wirklich groß", sagte Foley unlängst bei einer Podiumsdiskussion auf der Funkausstellung in Berlin.Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks, Monika Piel, stellte in diesem Zusammenhang sogar indirekt das sogenannte Dritt-Senderecht in frage, das den Kirchen Sendezeiten in den öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehkanälen garantiert. Darauf aber wollen die deutschen Bischöfe auf keinen Fall verzichten, erreichen sie hierdurch doch auch kirchenfernere Zuhörer und Zuschauer.Reise mit Medienbischof abgestimmt

"Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", meint auch Kommunikationsdirektor Stephan Wahl, dessen Chef Reinhard Marx einige Kirchenleute wegen seiner regelmäßigen Fernsehpräsenz bereits als "heimlichen Medienbischof" bezeichnen; was Wahl wiederum pflichtgemäß heftig dementiert. Die USA-Reise sei im Vorfeld mit Bischof Fürst abgesprochen gewesen, sagt der Fernsehpfarrer. Auffällig ist dann aber doch, dass nicht zumindest der Trierer Weihbischof Robert Brahm mit von der Partie war. Der 51-Jährige sitzt nämlich in der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Extra Über Satellit und mancherorts auch Kabel sind in Deutschland eine ganze Reihe christlicher Fernseh- und Rundfunkkanäle zu empfangen, die teilweise rund um die Uhr senden. Der von evangelischen, katholischen und freikirchlichen Unternehmen betriebene Fernsehsender "Bibel-TV" finanziert sich nach eigenen Angaben fast ausschließlich über Spenden. Für Ende des Jahres ist zusätzlich ein europaweit ausgestrahltes Jugendfernsehen geplant. Der in Österreich beheimatete Sender "K-TV" orientiert sich nach eigenen Angaben an den Lehren der katholischen Kirche und wird von verschiedenen Vereinen aus dem deutschsprachigen Raum getragen. Auch "K-TV" finanziert sich über Spenden. Seit einiger Zeit in den Startlöchern ist "Trinita-TV", der Deutschland-Ableger von "Daystar Television Network", des zweitgrößten christlichen Fernsehnetzwerks der Welt. Laut Eigenwerbung will der Sender "auf Basis der Bibel ein breites, vor allem kirchen- und glaubensfernes Publikum ansprechen". Daneben gibt es Dutzende weitere christliche Fernseh- und Rundfunksender, die zumindest zeitweise auch deutschsprachige Programme ausstrahlen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort