Kein Geld für die großen Verkehrsachsen

Die Geschichte der großen Verkehrsverbindungen durch und um die Region Trier ist eine Geschichte geplatzter Hoffnungen, enttäuschter Erwartungen und ebenso beharrlicher wie vergeblicher Forderungen. Angesichts leerer öffentlicher Kassen suchen die Akteure nach neuen Wegen.

Trier. Wenn sich die Repräsentanten der Region heute zu einer Verkehrskonferenz bei der IHK treffen, dann ist das - vorsichtig geschätzt - das zwanzigste Gipfeltreffen in den letzten drei Jahrzehnten. Der Verlauf war stets gleich: Es wurde ein Forderungskatalog an Bund und Land vorgetragen, der eine Fülle von Maßnahmen im Straßenbereich enthielt, nebenbei wurde auch noch der Bahnverkehr erwähnt, und schließlich darauf verwiesen, dass die Region Trier ohnehin seit Jahrzehnten benachteiligt und abgehängt sei.
Bei der nächsten Konferenz stellte man dann betroffen fest, dass ein entschiedener Fortschritt nicht zu registrieren sei und die Forderungen deshalb wiederholt werden müssten. So ging es über Generationen von Bundes- und Landesregierungen, egal ob schwarz-rot, rot-gelb, rot-grün oder schwarz-gelb.
Ein Trierer wird Verkehrsminister



Die Sache nahm ihren Ausgang in den frühen 1970er Jahren. Damals wurde der Trierer Heinrich Holkenbrink rheinland-pfälzischer Verkehrsminister, ein Mann, der ob seines Faibles für großformatige Verkehrsverbindungen in Mainz den Spitznamen "Achsen-Heinrich" trug.
Er sorgte 1972 für die Komplettierung der Autobahnverbindung Trier-Koblenz. Im Gefolge, geprägt durch eine fast euphorische Stimmung, entwickelte die Region ein ganzes Geflecht von Wunsch-Achsen. Eine große Trasse sollte über eine aus Frankreich kommende Autobahnverbindung an der Mosel entlang rechtsseitig zu einem Moselaufstieg bei Konz geführt werden und auf der anderen Seite die Autobahn A 48 kreuzen.
Die wiederum sollte von der Luxemburger Grenze unter Einbeziehung der A 1 direkt bis zum Dernbacher Dreieck hinter Koblenz führen. Um das enge Mosel-Dreieck bei Trier-Ehrang zu umgehen, war eine Querung durch den Meulenwald vorgesehen.
Von Wittlich aus sollte eine "europäische Magistrale" in Gestalt der A 60 die Region einerseits mit den belgischen Nordseehäfen verbinden, andererseits über einen "Hochmoselübergang" die Verbindung via zu bauender Hunsrück-Autobahn nach Mainz und Frankfurt herstellen.
Gleichzeitig war vorgesehen, die A 1 in Höhe Daun quer durch die Nordeifel mit dem nordrhein-westfälischen Autobahnnetz zu verbinden ("Lückenschluss") und gleichzeitig von Trier aus durch den Hochwald zur Pfalz-Autobahn A 6 zu führen.
Europaweites Netz



Im Ganzen gedacht, wäre daraus ein umfassendes europaweites Netz mit der Region Trier als Weltkind in der Mitten entstanden - freilich zu Milliarden-Kosten. Doch erst dauerten die Planungen lange und dann kam die deutsche Einheit - die Verkehrswege-Mittel flossen gen Osten.
Manches wurde dennoch realisiert: Das Autobahn-Teilstück Trier-Luxemburg, die Hochwald-Verbindungen, Teile der A 60 - letztere allerdings mit privater Vorfinanzierung, was jetzt schmerzhaft abzutragen ist.
Manches steckt seit Jahrzehnten in quälend langsamen Umsetzungsprozessen, wie der A1-Lückenschluss, der immer wieder auf der Kippe steht. Manches soll nach Jahrzehnten doch noch umgesetzt werden (Hochmoselübergang), anderes steht bei realistischer Betrachtung nicht mehr auf der Agenda (Moselaufstieg, Meulenwald-Autobahn). Halboffiziell abmoderiert wurde im Grunde nur der vierspurige Ausbau der Verbindung nach Belgien - zum Ärger der Nachbarn, die ihre Autobahn schon vor 25 Jahren verabredungsgemäß bis zur Grenze gebaut hatten.
Die Region - jedenfalls ihre offiziellen Repräsentanten, vor allem aus der Wirtschaft - hat wacker bis zuletzt an allen Forderungen festgehalten. Erst seit die rot-grüne Koalition in Mainz deutlich gemacht hat, dass es mit der Trierer West- und Nordumfahrung wohl nichts werden wird, sprudeln neue, pragmatische Ideen wie ein Wasserfall - auch bei Politikern der CDU, die bislang hartnäckig auf den alten Plänen beharrt hat.
Die Ertüchtigung bestehender Verbindungen ist die Hauptforderung der SPD, die ebenso wie die Grünen aber auch stärkere Akzente bei der ÖPNV-Förderung setzen will.
Der Hochmoselübergang wird wohl kommen, bei der A 1 taktiert das Land noch hin und her. Mit Spannung wird deshalb heute der neue Verkehrsminister Roger Lewentz in Trier erwartet. Sein Vorgänger Hendrik Hering hatte stets den Eindruck erweckt, hinter den Forderungen aus der Region zu stehen.

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