Kein Schuldenerlass ohne Spardiktat

Die Aussicht klingt verlockend: Der Entschuldungsfonds des Landes soll die rheinland-pfälzischen Kommunen ein Stück weit aus den roten Zahlen bringen. Der Pferdefuß: Wer mitmachen will, unterwirft sich einem rigorosen Spardiktat.

Trier. Dass die Kommunen in der Region Trier finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, merkt inzwischen fast jeder Einwohner: In dem einen Ort können die Straßen nicht mehr repariert werden, anderswo macht die Eishalle dicht, steigen die Gebühren oder sinken die Vereinszuschüsse. Das Schlimme daran: Die meisten Kreise, Städte und Gemeinden kommen trotz Sparbemühungen auf keinen grünen Zweig, die Verschuldung wächst unaufhörlich.

Allein bei den Kassenkrediten der rheinland-pfälzischen Kommunen (siehe Extra) haben sich die Verbindlichkeiten auf zuletzt 4,6 Milliarden Euro aufgetürmt, 900 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Mit einem Kommunalen Entschuldungsfonds (siehe Stichwort) will das Land nun erreichen, dass der Schuldenturm nicht mehr so schnell wächst, womöglich sogar kleiner wird.

Das Verlockende an dem Fonds aus Sicht der Teilnehmer: Das Land und die übrigen Kommunen (über den kommunalen Finanzausgleich) helfen kräftig bei der Schuldentilgung. Die ist allerdings nicht zum Nulltarif zu haben. Nur Kommunen, die mit dem Land einen sogenannten Konsolidierungsvertrag vereinbaren und sich darin zu jahrelanger eiserner Sparsamkeit verpflichten, kommen in den Genuss der finanziellen Unterstützung.

Der Hauptgrund, warum sich die Begeisterung unter den Verantwortlichen in der Region Trier in Grenzen hält. Trotzdem wollen die meisten der vom TV befragten Landräte und Bürgermeister dem Fonds beitreten, auch wenn letztlich die jeweiligen Räte darüber entscheiden müssen.

Die Stadt Trier hatte zum Stichtag (Ende 2009) den höchsten Berg an Kassenkrediten: 260 Millionen Euro. Etwa zwei Drittel davon, 173 Millionen Euro, könnte sie auf den Fonds abwälzen. Vorteil: eine jährliche Zinsersparnis von 4,27 Millionen Euro, der eine jährliche Tilgung von rund 4,81 Millionen Euro gegenüberstünde. Macht (bei einer Laufzeit von 15 Jahren) unter dem Strich rund 500 000 Euro Mehrausgaben im Jahr. Wo die Stadt im Gegenzug den Rotstift ansetzen will, steht noch nicht fest. Allerdings sei bereits absehbar, dass es vom Land "umfassende Vorgaben bezüglich Steuer- und Gebührensätzen sowie Personalkosten und Investitionen" geben werde, sagt Sprecher Ralf Frühauf.

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm könnte von rund 11,4 Millionen Euro Schulden "befreit" werden. Landrat Joachim Streit befürchtet, dass die Kassenkredite dennoch weiter steigen. Den Bürgern drohen höhere Gebühren und Eigenbeteiligungen bei kommunalen Leistungen.

Im Kreis Bernkastel-Wittlich beliefe sich der Entschuldungsbetrag auf rund 14,7 Millionen Euro. Einen "Schritt in die richtige Richtung" nennt Landrätin Beate Läsch-Weber den Fonds, der allerdings an der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen nichts ändere. Neue Kassenkredite seien die Folge.

"Es ist schon jetzt erkennbar, dass trotz des Fonds neue Schuldenberge entstehen", kritisiert auch Läsch-Webers Trier-Saarburger Kollege Günther Schartz. Weitere Gemeinsamkeit: Einsparpotenziale seien "nur sehr begrenzt vorhanden". Wie hoch der Betrag ist, den der Kreis Trier-Saarburg auf den Entschuldungsfonds abwälzen könnte, ist laut Schartz noch unklar. Derzeit belaufen sich die Kassenkredite auf rund 23 Millionen Euro.

Ob die Kommune mitmacht, ist auch im Vulkaneifelkreis noch offen. Rund 30 Millionen Euro könnten nach Schätzungen einer Sprecherin auf den Fonds abgewälzt werden.

Zum 1. Januar des kommenden Jahres sollen die ersten Konsolidierungsverträge in Kraft treten.

Dem Fonds beitreten können die Kommunen allerdings noch bis Ende 2013. Extra Liquiditätskredite oder auch Kassenkredite nennt man Schulden zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs an liquiden Mitteln. Sie sind also eine Art Überbrückungsdarlehen. Liquiditätskredite sind am ehesten vergleichbar mit dem Überziehungskredit auf dem Girokonto eines Privathaushalts. Entgegen ihrem eigentlichen Zweck sind die Kassenkredite in vielen Kommunen längst zu einer Dauereinrichtung geworden, mit der laufende Ausgaben finanziert werden. Das ist vergleichbar mit einem Privatmann, der seinen immer anspruchsvoller und damit teurer werdenden Lebensunterhalt über einen Dispokredit finanziert. (sey)Stichwort Kommunaler Entschuldungsfonds: Der vom Land aufgelegte Entschuldungsfonds (KEF) soll Kommunen helfen, schneller aus ihrer finanziellen Misere zu kommen. Der Fonds mit einem maximalen Volumen von 3,9 Milliarden Euro läuft über 15 Jahre. Das Geld kommt von drei Geldgebern, die jeweils ein Drittel beisteuern: Land, kommunaler Finanzausgleich und teilnehmende Kommunen. Vorteil: Die Kommunen profitieren davon, dass sich die anderen beiden Geldgeber an ihrer Schuldentilgung beteiligen. Nachteil: Wer mitmacht, wird vom Land zu jahrelanger strikter Sparsamkeit verdonnert. (sey)

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