Kein Zuckerschlecken

Berlin . Die Raucher geraten immer stärker unter Druck. Parteiübergreifend wird über ein generelles Rauchverbot in Gaststätten diskutiert. Darüber äußerte sich Wolfgang Hainer, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Cigarettenindustrie, im Interview.

Fünf Mal wurde seit 2002 die Tabaksteuer erhöht, um durch die Mehreinnahmen die Gesundheitspolitik mitzufinanzieren. Jetzt gerät Ihre Branche auch gesellschaftspolitisch immer stärker unter Druck. Macht es noch Spaß, in der Tabakbranche zu arbeiten?Hainer: Das macht auf jeden Fall Spaß. Wir erleben im Moment sehr viele Herausforderungen. Die fünf Steuererhöhungen haben dazu geführt, dass der Absatz bei den versteuerten Zigaretten in Deutschland um über 30 Prozent zurückgegangen ist. Wir haben aber nicht weniger Raucher. Es wird ganz einfach viel, viel mehr geschmuggelt, an Vater Staat vorbei. Das alles ist für die Branche kein Zuckerschlecken. Immer mehr Spitzenpolitiker plädieren dafür, das Rauchen auch in öffentlichen Gebäuden zu verbieten. Wie reagiert die Zigarettenindustrie darauf?Hainer: Wir müssen darüber reden und das Pro und Kontra sorgfältig abwägen. Wir wollen, dass Raucher und Nichtraucher vernünftig miteinander auskommen. Aber auch der Raucher muss seinen Platz haben. Wir akzeptieren aber, dass in öffentlichen Gebäuden, etwa Krankenhäusern oder Schulen, sehr wohl darüber gesprochen werden kann, dass Rauchverbote dort der richtige Weg sind. Und was halten Sie davon, das Rauchen auch in Gaststätten, in Bahnen und in Stadien zu verbieten?Hainer: Ein Rauchverbot unter freiem Himmel, etwa in Stadien, halte ich für vollkommen überflüssig. Es gibt die Vereinbarung einer freiwilligen Selbstbeschränkung zwischen dem Hotel- und Gaststättenverband und dem Gesundheitsministerium. Sie ist auf drei Jahre angelegt, ein Jahr der Erprobung haben wir erst hinter uns. Das Ergebnis der Umsetzung dieser Vereinbarung sollte man auf jeden Fall abwarten und nicht schon heute Entscheidungen übers Knie brechen. Nur noch jeder vierte Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren greift ständig oder gelegentlich zur Zigarette. Das sind 25 Prozent. Vor zwei Jahren waren es noch 28 Prozent. Warum gehen den Tabakkonzernen die Nachwuchsraucher verloren? Hainer: Wir wollen nicht, dass Jugendliche rauchen. Wir wollen den erwachsenen Raucher erreichen. Aber auch 73 Prozent der erwachsenen Bevölkerung rauchen nicht oder nicht mehr. Wie geht die Tabakindustrie mit dem ständig schrumpfenden Markt um?Hainer: Das ist für die Zigarettenindustrie in der Tat ein großes Problem. Das hat eindeutige Auswirkungen auch auf die Arbeitsplätze. Vor zehn Jahren hatten wir in der gesamten Tabakwirtschaft inklusive Handel noch 100 000 Arbeitsplätze. Heute sind es noch 80 000. Allein in der deutschen Zigarettenindustrie wurde die Zahl der Arbeitsplätze von über 10 000 auf unter 9000 abgebaut. Die Bundesregierung ist dabei, nach der Sommerpause das EU-Tabakwerbeverbot in nationales Recht umzusetzen. Wird das neue Rückschläge für die Branche mit sich bringen? Hainer: Ja, es droht in weiten Teilen ein Werbeverbot, weil die Regierung die Absicht hat, die EU-Richtlinie eins zu eins umzusetzen. Auf den Zigaretten-Absatz, da bin ich mir sicher, wird ein Werbeverbot allerdings keinen Einfluss haben. Die Fragen stellte unser Korrespondent Friedhelm Fiedler.

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