Keine Angst, Mr. President

WASHINGTON. Ein neues Buch des Pulitzer-Preisträgers Bob Woodward sorgt in den USA für Ärger: US-Präsident George W. Bush soll bereits 2001 den Irak- Krieg beschlossen und Geheimdienst-Informationen bewusst falsch interpretiert haben.

Zwei Monate vor Beginn des Irak-Krieges führten US-Außenminister Colin Powell und Präsident Bush ein kurzes, aber intensives Gespräch. Er habe sich für die Invasion und Beseitigung Saddam Husseins entschieden, teilte Bush seinem Minister mit. "Sind sie sich sicher?", wird Powell zitiert, bevor er warnt: "Sie verstehen hoffentlich die Konsequenzen. Sie werden dann der stolze Besitzer von 25 Millionen Menschen sein, mit allen damit verbundenen Hoffnungen und Problemen." Doch Bush habe sich die Mahnungen nicht zu Herzen genommen - und sogar noch offiziell bis März 2003 bestritten, dass die Kriegsentscheidung gefallen sei. Diese brisanten Details sind Bestandteil eines neuen Buchs des "Washington-Post"-Korrespondenten und Pulitzer-Preisträgers Bob Woodward, das in dieser Woche auf den Markt kommt. Die in die Öffentlichkeit gedrungenen Passagen dürften die Debatte um die Kriegsgründe und Aufrichtigkeit des Weißen Hauses im Vorfeld des Feldzugs neu beleben. Ins Rampenlicht rückt vor allem die Rolle von US-Vizepräsident Dick Cheney, den Woodward als "mächtige Dampfwalze" bezeichnet, der alle Zweifler überrollt habe, und der verzweifelte Widerstand von Colin Powell, der Cheneys Fixierung auf Saddam Hussein als "Fieber" charakterisierte. Interessant ist, dass der bislang loyal wirkende Colin Powell dem Autor offensichtlich Details der Debatte geschildert hat - was Beobachter auch als Versuch werten, sich nachträglich vom Irak-Feldzug zu distanzieren. Woodward, der durch die Aufdeckung des "Watergate"-Skandals berühmt wurde, wirft Bush-Stellvertreter Cheney in seinem Werk "Plan of Attack" ("Angriffsplan") vor, die Geheimdienst-Erkenntnisse über den Irak bewusst falsch interpretiert zu haben. Auf Druck von Cheney habe Bush schon am 21. November 2001 - nur 72 Tage nach den Anschlägen des 11. Septembers und während der Kämpfe in Afghanistan - Verteidigungsminister Donald Rumsfeld damit beauftragt, einen Invasionsplan zu entwerfen. Einen Monat später begannen Konferenzen mit dem Ex-Oberbefehlshaber Tommy Franks. Woodward stützt seine Angaben mit 75 Mitgliedern der Bush-Regierung, darunter Donald Rumsfeld und Bush persönlich. Beide ahnten damals aber nicht, in welchem Umfang Außenminister Powell - der bereits mehrfach mit Woodward kooperiert hatte - die kontroverse Debatte und die Rolle Cheneys offenlegen würde. Erstmals erfahren die US-Bürger auch den Grund dafür, warum die "Falken" im Weißen Haus ihre Kriegsvorbereitungen im Verborgenen vornahmen. Wenn diese Pläne vorzeitig bekannt geworden wären, soll US-Präsident Bush dem Autor anvertraut haben, hätte dies "weltweit enorme Angst und Spekulationen" verursacht. Beim Thema Massen-Vernichtungswaffen verließ sich Bush auf CIA-Chef George Tenet. Dieser habe ihm auf die Frage, wie zuverlässig die Informationen über die Existenz der Waffen seien, bestätigt: "Keine Angst, Mr. President. Das ist eine ganz sichere Sache."

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