Keine Kostenexplosion

BERLIN. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kann erst einmal aufatmen. Die Kosten für Arzneimittel im Januar sind nicht, wie befürchtet, über das Normalmaß gestiegen.

Nach Angaben des Apothekerverbandes ABDA gaben die Krankenkassen im Januar 1,7 Milliarden Euro für Arzneimittel aus. Verglichen mit dem Vorjahresmonat ist das zwar eine gewaltige Steigerung um fast 29 Prozent. Doch der Januar 2004 war keineswegs repräsentativ, weil sich die Patienten Ende 2003 in Erwartung der durch die Gesundheitsreform geregelten Zuzahlungserhöhungen massiv mit Pillen und Salben eingedeckt hatten. Durch seltenere Arztbesuche, eine Streichung zahlreicher Medikamente aus dem Leistungskatalog und den hohen Zwangsrabatt für die Pillenindustrie konnten die Krankenkassen im Vorjahr insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro im Arzneimittelbereich sparen. Die durchschnittlichen Monatsausgaben beliefen sich auf 1,7 Milliarden Euro. Gemessen daran liegt die Januar-Zahl also weiter voll im Spartrend. "Die von Schwarzsehern erwartete Ausgabenexplosion ist nicht eingetreten", freute sich dann auch Ulla Schmidt. Ob die erfreuliche Entwicklung weiter anhält, ist jedoch umstritten. Die ABDA schätzt, dass die Ausgaben "nicht auf dem Niveau von 2004 bleiben werden". Auch der Chef des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK), Wolfgang Schmeinck, befürchtet im Verlauf des Jahres einen "Durchhänger". Dafür sprechen zumindest zwei Gründe. Zum einen ist die Pharmabranche seit Januar nicht mehr zu hohen Zwangsrabatten für verschreibungspflichtige Mittel verdonnert, von denen die Kassen profitieren. Im Gegenzug sollten die Preise durch Festbetragsregelungen gedrückt werden. Doch die Einstufung der Medikamente in Festbetragsgruppen kommt nur zäh voran. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die so genannte Strukturkomponente: Neue Medikamente sind zumeist teurere Medikamente. Auch sind die Hersteller zum Beispiel bei den Packungsgrößen erfindungsreich. Wo zehn Pillen enthalten sind, könnten in Zukunft zwölf oder 20 drin stecken, die der Patient zwar nicht zusätzlich braucht, aber dennoch verschrieben bekommt. Ulla Schmidt hält natürlich nichts von Schwarzmalerei. Stattdessen erinnerte sie gestern an die Selbstverpflichtung von Kassen, Ärzten und Apothekern zum Abschluss von Zielvereinbarungen für eine rationale Arzneimitteltherapie. Nach einer Übersicht der BKK haben für das laufende Jahr erst sieben von 23 kassenärztlichen Vereinigungen entsprechende Abmachungen getroffen. "Ich erwarte, dass die Agenda zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben konsequent umgesetzt wird - nicht irgendwann, sondern in den nächsten Tagen und Wochen", mahnte Schmidt.

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