Keine Moral? Manager in der Kritik

TRIER. (hw) Was dürfen deutsche Manager verdienen? Im Mannesmann-Prozess um Millionenabfindungen stellt sich auch die Frage nach der Moral in der Deutschland AG. Während Ex-Mannesmann-Chef Esser seinen Anklägern eine ungerechtfertigte Neid-Diskussion vorwirft, sehen Kritiker in dessen Verhalten eine skrupellose Selbstbedienungs-Mentalität.

Die Wirtschaftswelt blickt derzeit gespannt zum Düsseldorfer Landgericht: Dort wird seit Wochen über die Millionenabfindungen im Mannesmann-Prozess beraten. In dem Verfahren geht es um Prämien und Pensionsabfindungen in Höhe von insgesamt 111 MillionenD-Mark, die bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone an Topmanager und frühere Vorstandmitglieder des deutschen Konzerns gezahlt wurden. Allein rund 16,5 Millionen Euro erhielt Klaus Esser, der im März 2000 bei der Übernahme gerade neun Monate die Geschicke des deutschen Traditionsunternehmens führte. "Vollkommen zu Recht", sind sich die auf der Anklagebank sitzenden Klaus Esser und Josef Ackermann (Vorstands-Chef der Deutschen Bank) einig. Der renommierte Buchautor Günter Ogger (Nieten in Nadelstreifen/Die Ego-AG) ist anderer Meinung: "Die Argumentation, Esser habe ungeheuere Werte geschaffen, ist absolut falsch. Im Gegenteil: Mit dem viel zu teueren Kauf der Mobilfunkfirma Orange hat er den Untergang von Mannesmann eingeleitet." Zudem wirft Ogger den Managern eine skrupellose Selbstbedienungs-Mentalität vor. "Es geht hier nicht um eine Neid-Diskussion. Ein Michael Schumacher beispielsweise bekommt seine Millionen zu Recht, weil sein Wert sich am Markt ausrichtet und er mit seiner Leistung einen Unterhaltungs- und Industriezweig ankurbelt. Esser und Ackermann aber setzen ihre Gehälter selbst fest. Das kann nicht sein." Auch die Klage vieler deutscher Spitzen-Manager, sie würden weitaus weniger verdienen als ihre amerikanischen Kollegen, lässt Ogger kalt. "Wenn sie hier zu wenig verdienen, könnten ein Rolf Breuer oder ein Josef Ackermann von der Deutschen Bank ja versuchen, in den USA unterzukommen." Selbst unter Manager-Kollegen ist das Verhalten von Klaus Esser umstritten. Laut einer Umfrage der Wirtschaftszeitschrift DM/Euro unter 300 Managern sind 40,5 Prozent der Meinung, Esser habe sich falsch verhalten und eine Strafe verdient, 43,9 Prozent glauben, er habe sich korrekt verhalten, 11,4 Prozent haben keine Meinung und 4,2 Prozent halten das Ganze für ein Kavaliersdelikt. Wie viele andere Kritiker fordert auch Ogger, dass der Gesetzgeber klare Spielregeln formulieren müsse: "Wie in den USA muss auch bei uns Fehlverhalten von Managern viel härter bestraft werden."

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