Keine Sonderbehandlung

Es gehörte zu den Kern-Ritualen der RAF, dem Staat vorzuwerfen, ihre verhafteten Mitglieder würden schikanösen Sonderbehandlungen ausgesetzt. Politiker und Justiz pflegten darauf stets zu antworten, RAF-Mitglieder seien gewöhnliche Verbrecher und würden ebenso behandelt.

Das gleiche Argument kam von staatlicher Seite stets zum Zug, wenn sich die Terroristen als "Kriegsgefangene" deklarierten und daraus Rechte ableiteten. Der Staat hatte Recht, denn jede andere Haltung hätte die RAF nur aufgewertet. Dass die Justiz - nach anfänglichen Fehlgriffen - die Täter nicht nach ihrer Gesinnung, sondern nach ihrem Handeln beurteilte und dafür komplizierte Verhandlungen in Kauf nahm, statt nach Volkeswillen kurzen Prozess zu machen, war wichtig für die Austrocknung des Terroristen-Sumpfs. Keine "Märtyrer", also auch keine neuen Jünger. Auch heute muss gelten: RAF-Terroristen sind keine verirrten Idealisten, sondern ganz normale Verbrecher. Aber die haben, auch wenn sie wegen Mordes verurteilt wurden, in unserem Rechtssystem einen Anspruch auf eine Bewährungs- oder Gnaden-Chance. Weil ein Minimum an Menschenwürde auch denen zusteht, die diese irgendwann mit Füßen getreten haben. Bedingung ist, dass sie nicht mehr gefährlich sind. Voraussetzung ist nicht, dass sie zu ihrer Tat Stellung beziehen. Das ist für die Angehörigen der Opfer schwer zu begreifen. Bei jedem Mord. Und trotzdem werden laufend Mörder begnadigt oder auf Bewährung entlassen - ohne große öffentliche Debatte. Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt verdienen keine Sonderbehandlung. Wer sie fordert, wertet die RAF noch nachträglich auf. d.lintz@volksfreund.de

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