Kiffen auf Rezept

Trier · Cannabis auf Rezept. Die Bundesregierung will Schwerkranken den Zugang zu Cannabis-Produkten erleichtern. Die Ärzte sind dafür. Auch die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin begrüßt die Gesetzesinitiative.

 Haschisch kann dabei helfen, Schmerzen zu mildern.Foto: TV-Archiv/Polizei

Haschisch kann dabei helfen, Schmerzen zu mildern.Foto: TV-Archiv/Polizei

Trier. Es ist oft eine beliebte Ausrede von Kiffern, wenn die Polizei bei ihnen zu Hause Hanfpflanzen findet: Das daraus gewonnene Haschisch bräuchten sie gegen ihre Schmerzen. Haschisch oder Cannabis hilft in der Tat gegen Schmerzen etwa bei Aids oder Krebs. Doch legal ist das nur, wenn die Schmerzpatienten dafür beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) eine Ausnahmegenehmigung beantragen. 2005 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Besitz von Cannabis aus medizinischem Grund erlaubt sei.
Seitdem haben 687 Patienten eine Ausnahmeerlaubnis "zum Erwerb von Cannabis zur Anwendung im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie", wie sie offiziell heißt, beim zuständigen Bundesamt beantragt. Derzeit dürfen in ganz Deutschland 371 Patienten mit offizieller Erlaubnis Cannabis-Blüten oder Cannabis-Extrakt kaufen. Ohne diese Genehmigung bleibt das illegal. Besitz, Anbau und Handel mit Haschisch-Produkten sind verboten. Chronisch kranke Schmerzpatienten, die etwa in der eigenen Wohnung Hanfpflanzen anbauen, können daher schnell ins Visier von Drogenfahndern kommen. Vergangenes Jahr hatte das Verwaltungsgericht Köln drei chronischen Schmerzpatienten erlaubt, als "Notlösung" in ihren Wohnungen Cannabis anzubauen, da entsprechende Medikamente wegen fehlender Kostenübernahme für sie unerschwinglich seien.
Die Bundesregierung will diesen Personen mit einem neuen Gesetz ab 2016 den Zugang zu Cannabis erleichtern und damit Haschisch auf Rezept ermöglichen. Die Kosten dafür sollen die Krankenkassen übernehmen.
Die Bundesärztekammer begrüßt die Gesetzesinitiative. Eine Therapie mit Arzneimitteln, die Cannabis enthalten, könne für bestimmte Patienten, die etwa an Multipler Sklerose (MS) mit spastischen Schmerzen sowie Kranken, die unter mehreren Symptomen wie Schmerzen, Appetitmangel, Übelkeit und Depressivität litten, sinnvoll sein, sagt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery.
Die rheinland-pfälzische Landesärztekammer ist gegen eine generelle Freigabe von Cannabis. "Gleichwohl sollte es jedoch für Schwerstkranke, bei denen eine Standardtherapie nicht ausreichend wirksam ist, Möglichkeiten geben, Cannabis als Arzneimittel zu bekommen", sagt Ärztekammer-Sprecherin Iris Engelmohr.
Auch die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) begrüßt den Vorstoß der Bundesregierung, künftig Cannabis auf Rezept zu ermöglichen. "Es kann nicht sein, dass sich im Einzelfall betroffene Menschen für den verbotenen Anbau von Hanfpflanzen entscheiden, weil sie sich die Präparate nicht leisten können", sagt die Ministerin unserer Zeitung.
Wichtig sei, dass festgelegt werde, bei welchen Krankheiten Cannabis in welchen Konzentrationen eingesetzt werden dürfe und dass bestimmte Patientengruppen wie Kinder ausgenommen würden. Die verwendeten Cannabis-Präparate müssten aus kontrolliertem Anbau stammen, "um dubiose Geschäftemacherei" zu verhindern, so Bätzing-Lichtenthäler.
Katharina Steinbach, Sprecherin der Krankenkasse Barmer GEK in Rheinland-Pfalz, weist darauf hin, dass bei einer Verwendung von Hanf die Wirkung stark schwanken könne und damit die Therapie nur sehr schwer steuerbar sei. Daher sollten zuvor bei den Patienten alle Mittel einer Schmerztherapie voll ausgeschöpft werden.
Das sagt auch Irmgard Stippler, Chefin der AOK Rheinland-Pfalz. Sie fordert klare Regelungen für die Nutzung von Hanf als Medizin. "Bei Cannabis handelt es sich nicht um eine harmlose Droge", sagt Stippler.

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