Kinderehen sollen für nichtig erklärt und aufgelöst werden

Berlin · Justizminister Heiko Maas (SPD) ist in Sachen Kinderehen schwer unter Druck geraten. CDU und CSU fordern von ihm immer massiver ein Gesetz, das jegliche Heirat unter 18 Jahren verbietet. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt das im Grundsatz. Dagegen stehen Bedenken von Familienpolitikern und rechtliche Einwände.

Bundesjustizminister Heiko Maas will noch im November einen Gesetzentwurf zu dem Thema vorlegen, erfuhr unsere Redaktion. Erste Regelungen deuten sich an.

Seit September berät eine parteiübergreifende Bund-Länder Arbeitsgruppe über das Thema. Um Zwangsehen geht es nicht, sie sind, egal wann geschlossen, nach deutschem Recht schon jetzt strafbar. Es geht darum, in welchem Alter legal geheiratet werden darf.

Am Wochenende will die CSU auf ihrem Parteitag einen Beschluss für ein generelles Eheverbot unter 18 fassen, als Teil ihrer Kampagne gegen den politischen Islam. Diese Position hatten Anfang September auch die Unions- und SPD-Fraktion im Bundestag eingenommen.Keine Einigkeit in den Parteien

Maas will dem Vernehmen nach jedoch zwischen Kindern unter 16 Jahren und Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren unterscheiden. Er findet hierfür Unterstützung unter anderem von Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kamp-Karrenbauer (CDU), Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und der Integrationsbeauftragten Aydan Özogus. Die Debatte verläuft also in allen Parteien nicht einheitlich.

Echte Kinderehen, bei denen mindestens ein Partner unter 16 ist, will der Justizminister in seinem Entwurf von Anfang an für nichtig erklären und auflösen. Das betrifft nur im Ausland geschlossene Ehen, denn in Deutschland sind solche Hochzeiten nicht zulässig. Bisher haben die Gerichte hier einen gewissen Ermessensspielraum, der zum Beispiel dazu führte, dass das Oberlandesgericht Bamberg kürzlich die Ehe eines 15-jährigen Flüchtlingsmädchens, das bei der Heirat in Syrien 14 Jahre alt war, mit einem 21-jährigen Landsmann für rechtens erklärte. Laut Ausländerzentralregister fielen im Juli 481 Ehen in diese Kategorie.

Bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 gilt bisher, dass die Familiengerichte Eheschließungen auf Antrag genehmigen können, aber nur wenn ein Partner über 18 ist. Die im Ausland geschlossenen Ehen in diesem Alter will Maas den Vorgaben seiner Fraktion folgend nun ebenfalls "im Regelfall" aufheben, aber Härte- und Ausnahmefälle zulassen. Es wäre also eine massive Verschärfung, aber keine völlige Abschaffung der bisherigen Regelung. Das rief den Zorn der CSU hervor, die in ihrem Beschlussantrag für München formuliert: "Der zuständige Bundesjustizminister muss endlich handeln.""Neuregelung überflüssig"

Die Integrationsbeauftragte Özogus unterstützte hingegen Maas' Position mit Hinweis auf mögliche unabsichtliche Folgen einer zu rigiden Regelung. Die Frauen würden Unterhalts- und Erbansprüche verlieren, ihre Kinder wären unehelich, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag.

CDU-Vorstandsmitglied Kramp-Karrenbauer hält eine Neuregelung in dieser Altersgruppe sogar ganz für überflüssig. Die jetzigen Bestimmungen seien vernünftig, erklärte sie. Zahlen gibt es in dieser Gruppe nur für Ausländer, es waren im Juli 994 Ehen.

Auf einen anderen Punkt hat man sich in der Arbeitsgruppe und zwischen den Parteien schon geeinigt: Die bis 2009 geltende Regelung des Verbots einer religiösen sogenannten Vorausheirat soll wieder eingeführt werden.
Das bedeutet, dass künftig wieder stets eine standesamtliche Heirat erfolgt sein muss, ehe es in die Moschee oder Kirche geht, damit die Behörden bei Minderjährigen ihr Veto einlegen können. Diese Regelung soll für jedes Alter gelten - und für alle Religionen.

Neben Imamen droht deshalb künftig auch Pfarrern und Pastoren ein Ordnungsgeld, wenn sie einem sehr früh geschlossenen Bund fürs Leben ihren Segen vor dem Staat erteilen.Extra

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn kritisierte eine Zurückhaltung vieler Feministinnen in der Debatte um das Verbot von Kinderehen. "Da wird mit viel Härte für eine bis zur letzten Silbe politisch korrekten Sprache gekämpft oder gegen zu viel nackte Haut in der Werbung, aber wenn es um Kinderehen geht, bleibt ein Aufschrei aus", sagte Spahn der Tageszeitung Die Welt. "Ich nenne Ehen mit zehn- oder zwölfjährigen Mädchen Kindesmissbrauch", so Spahn. KNA

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