Kinderwunsch bleibt häufig unerfüllt

TRIER. (wie) Immer mehr Paare bleiben ungewollt kinderlos, obwohl ihnen medizinisch geholfen werden könnte: Sie können sich die teuren Kosten für die Spezialbehandlung nicht mehr leisten. Im vergangenen Jahr kamen deswegen 10 000 Kinder weniger auf die Welt. In Trier gibt es seit gestern die erste Kinderwunschklinik in der Region.

Deutschland braucht mehr Nachwuchs. Während des Wahlkampfes hatten sich fast alle Parteien auf die Fahne geschrieben, die Geburtenrate (derzeit bei 1,3 Kinder pro Frau) durch den Ausbau von Kinderbetreuung und besserer finanzieller Ausstattung der Familien zu erhöhen. Doch was kaum einer weiß: Gleichzeitig trägt die Politik dazu bei, dass im vergangenen Jahr schätzungsweise 10 000 Kinder weniger auf die Welt gekommen sind. Weil ungewollt kinderlose Paare seit vergangenem Jahr die Hälfte der Kosten für so genannte Kinderwunschbehandlungen selbst bezahlen müssen, begeben sich Betroffene immer weniger in ärztliche Hilfe. "Der jährliche Geburtenrückgang verdoppelt sich somit", sagte Michael Thaele, Vorsitzender des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren (BRZ). Den Grund für den Rückgang sieht der Verband in der Gesundheitsreform. Weil Kinderlosigkeit nicht als Krankheit angesehen wird, übernehmen die gesetzlichen Kassen nicht mehr die vollen Kosten, Dadurch könnten sich viele Paare die Behandlung nicht mehr leisten, so der BRZ. Zwischen 1500 und 2000 Euro müssen Patienten pro Behandlung bezahlen, erklärt Mohsen Satari, der in Trier die einzige Kinderwunschklinik in der Region leitet, die gestern eröffnet wurde. Die mit modernster Technik ausgestattete Praxis im Wissenschaftspark Petrisberg ist die dritte ihrer Art in Rheinland-Pfalz. Betroffene Paare aus der Region mussten bislang über 100 Kilometer bis zur nächsten Kinderwunschklinik fahren. Oft sind mehrere Behandlungen, deren Erfolg zwischen 20 und 30 Prozent liegt, notwendig. Satari schätzt, dass etwa 1,5 Millionen Paare in Deutschland (jedes Fünfte, das ein eigenes Kind haben will) von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen sind. Ein Grund dafür: Immer mehr Frauen schieben ihren Kinderwunsch auf, viele wollen erst mit 35 Jahren oder noch später ihr erstes Kind. Dann jedoch lässt die Fruchtbarkeit nach, ohne ärztliche "Nachhilfe" bleibt der Kinderwunsch oft unerfüllt. Der Verband der Reproduktionsmediziner fordert die Politik auf, allen Paaren Kinderwunschbehandlungen zu ermöglichen, indem der Eigenanteil für die teureren Medikamente gestrichen wird.

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