"Kirche muss bescheidener werden"

Trier · Obwohl zum ersten Mal ein Jesuit Papst geworden ist, sieht man das in der Ordensgemeinschaft durchaus mit gemischten Gefühlen. So auch der im Trierer Priesterseminar lebende Jesuitenpater Ludger van Bergen.

 Jesuitenpater Ludger van Bergen. TV-Foto: Bernd Wientjes

Jesuitenpater Ludger van Bergen. TV-Foto: Bernd Wientjes

Trier. Er sei schon sehr überrascht gewesen, dass ausgerechnet Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt worden ist, sagt Ludger van Bergen. Der 75-jährige Niederländer ist Spiritual im Trierer Priesterseminar und betreut dort die Studenten. Und van Bergen ist wie Papst Franziskus Jesuit. Und genau deshalb war er überrascht. Denn es widerspreche der Traditon der Gesellschaft Jesu, wie der Jesuitenorden offiziell heißt, hohe Ämter anzustreben. Allerdings verweigere sich ein Jesuit aber auch nicht, wenn er in den Dienst gerufen werde. Dass sich die 115 Kardinäle im Konklave für den einzigen Jesuiten unter sich entschieden haben, spreche dafür, dass Bergoglio ein "fähiger Mann" sei.
Streng genommen aber, so der aus dem niederländischen Nijmegen stammende van Bergen, gehöre Franziskus damit nicht mehr der Gemeinschaft an.
Dass er bei seinem ersten Auftritt als Papst am Mittwochabend eine schlichte weiße Soutane auf dem Balkon des Petersdoms trug, wertet van Bergen nicht als Zeichen der Bescheidenheit sondern der Nüchternheit, die die Jesuiten auszeichne. Die Mitglieder der Gemeinschaft Jesu stünden auch für Weltoffenheit und Realitätssinn - auch was Kirchenfragen betreffe. Diese Offenheit für weltliche Fragen, für die Nöte der Menschen und der Kirche erwartet van Bergen auch vom neuen Papst. Auch dass er, wie es bei Jesuiten üblich sei, kritisiere. Und dass er mit Kritik an sich umgehen könne.
Dass er sich den Namen Franziskus gegeben hat, ist für den Spiritual des Priesterseminars genau wie für andere Theologen ein Signal dafür, dass sich der Papst, wie Franz von Assisi, noch mehr der sozialen Gerechtigkeit widme. Die von Franziskus bisher gelebte Bescheidenheit tue der Kirche gut. "Kirche muss wieder bescheidener werden", sagt der 75-Jährige. Er geht nicht davon aus, dass der erste Jesuit auf dem Papststuhl irgendwelche Auswirkungen auf die Gesellschaft Jesu habe. Außer dass sich vielleicht vorerst mehr Leute dafür interessieren würden.

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