Kirchenkampf ohne Sieger

So ist das, wenn zwei Sturköpfe - Reinhard Marx und Gotthold Hasenhüttl - in aller Öffentlichkeit aufeinander treffen, beide davon überzeugt, eine Mission zu haben und beide davon überzeugt, das Richtige zu tun: Nach Vorgeplänkel mit gezielten Provokationen kommt es zum großen Showdown. Dass der aufmüpfige Priester Hasenhüttl dieses innerkirchliche Kräftemessen nicht unbeschadet überstehen würde, war dabei angesichts der Machtverteilung zu erwarten. Sein Amt ist er los. Und weil er sich wohl selbst treu bleibt, wird sich daran auch nichts ändern. Denn dass Marx dieSuspendierung zurücknimmt oder der Vatikan sich aufgrund einer folgenden Beschwerde von Hasenhüttl auf dessen Seite stellt, ist ähnlich unwahrscheinlich wie die sofortige Abschaffung des Zölibats. Immerhin: Als Erfolg verbuchen kann Hasenhüttl sicher, dass die Debatte über die Ökumene in Deutschland auch nach dem Kirchentag von Berlin weitergegangen ist. Der Kirchentag selbst hatte zwar allein schon durch seine Veranstaltung - erstmals von beiden Konfessionen - für einen gewissen Fortschritt gesorgt, aber nur um den Preis, das sensible Thema der Abendmahlsgemeinschaft völlig auszuklammern. Nun ist das Thema zumindest vorerst auf der Tagesordnung geblieben. Und es sorgt innerhalb der Katholischen Kirche für eine Zerreißprobe: Denn theologischer Anspruch (Abendmahl nur für Katholiken) und Realität in vielen Gemeinden (Toleranz bei der Kommunion) klaffen immer weiter auseinander. Da nutzen auch die ausgefeiltesten Argumentationen der Kirchenrechtler nichts: In den Augen vieler Laien sind sie nichts als theologische Haarspaltereien. Mit gesundem Menschenverstand ist es einfach nicht zu verstehen: Warum können regelmäßig Priester ungestraft an Protestanten die Kommunion austeilen, wenn es niemand an die große Glocke hängt? Warum wird das Ganze zum existentiellen Problem, sobald ein Priester dazu einlädt? Und nicht nachvollziehbar ist auch, warum der symbolträchtige Ökumenische Kirchentag nicht als Ausnahme vom Abendmahl-Verbot gelten durfte, der Papst selbst aber die kürzlich von ihm höchstpersönlich an den Anglikaner Tony Blair überreichte Kommunion zur Ausnahme erklärte. "Da müssen Sie den Papst fragen" - versuchte, darauf gestern angesprochen, Bischof Marx zu rechtfertigen, dabei selbst ratlos dreinblickend. Gotthold Hasenhüttl gegen Reinhard Marx - einen wirklichen Sieger hat dieser Schlagabtausch letztlich nicht. Beide haben ihren Anliegen keinen Gefallen getan, weil sie Möglichkeiten zu einem Kompromiss von vornherein ausgeschlossen haben: Hasenhüttl will die Ökumene voranbringen und hat dafür gesorgt, dass sich die Front auf katholischer Seite noch weiter verhärtet. Und Marx will die Einheit der Kirche bewahren, hat mit seinem Exempel aber letztlich dafür gesorgt, dass viele überzeugte Katholiken einmal mehr voller Unverständnis auf die Amtskirche blicken. m.schmitz@volksfreund.de

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