Klausur zur Klimapflege

WERDER. Der Ort war offenbar gut gewählt, um sich der Pflege des Koalitionsklimas zu widmen. Für zwei Tage hatten sich die Fraktionsvorstände von Union und SPD in die Nobelherberge "Ressort Schwielowsee" vor den Toren Potsdams zur Klausur zurückgezogen.

In entspannter Atmosphäre sollte über das politische Arbeitsprogramm für 2007 gesprochen werden. Dabei sei man sich auch menschlich näher gekommen, hieß es unisono unter den Teilnehmern. Der Befund mag insofern erstaunen, als es beide Lager schon seit über einem Jahr in Berlin miteinander aushalten müssen. Doch die alten Feindbilder sind zählebig. "Jahrelang haben wir uns bekämpft und nun sitzt man gemeinsam hier und prostet sich zu", sinnierte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach. "Das muss man mental verkraften." Immerhin soll das fröhliche Beisammensein am Montagabend dafür gesorgt haben, dass einige Anwesende zum Parteiübergreifenden "Du" wechselten. Trotzdem war die Atmosphäre nicht ungetrübt. Das zeigte sich beim gemeinsamen Auftritt der Fraktionsspitzen Volker Kauder (CDU), Peter Struck (SPD) und Peter Ramsauer (CSU). Zwar wurden viele Themen angesprochen, aber kaum Fortschritte erzielt. Beispiel Arbeitsmarkt: Während sich die Genossen weiter für branchenbezogene Mindestlöhne stark machen, hatte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla seine Ablehnung bekräftigt. "Das nehme ich sowieso nie ernst, was Herr Pofalla sagt", knurrte Struck deshalb vor laufenden Kameras. Kauder und Ramsauer suchten, ihn mit einem mahnenden "Na, na" zu bremsen. In Sachen Niedriglohnsektor habe man "keine konkreten Vereinbarungen" erzielt, betonte Kauder. Beide Seiten versicherten allerdings, sich stärker um schwer vermittelbare Jugendliche kümmern zu wollen. Dabei geht es um so genannte Altbewerber, die sich zum Teil über Jahre vergeblich um eine Lehrstelle bemühen und deren Zahl inzwischen die der Erstbewerber für einen Ausbildungsplatz übersteigt. Unklar ist auch noch, wie ein geplantes Gesetz zur Regelung von Patientenverfügungen aussehen soll. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob allein der Wille des schwer Kranken gegen eine weitere Behandlung zählt, oder ob die Erhaltung seines Lebens Vorrang haben soll. Das einzige greifbare Ergebnis der Spitzenrunde war der intern schon länger vorbereitete Beschluss, einstige Opfer des SED-Staates künftig mit einer Pension von monatlich 250 Euro zu bedenken. Ungläubiges Staunen herrschte bei den Fraktionsoberen, als erste Meldungen über einen mutmaßlichen Abhörskandal in den Büroräumen des BND-Untersuchungsausschuss-Mitglieds Wolfgang Neskovic (Linkspartei) die Runde machten (siehe dazu auch ). Hinter vorgehaltener Hand gab es jede Menge Spekulationen, die von privaten Motiven bis zu der Mutmaßung reichten, vielleicht habe ein Fernsehteam bei Neskovic einfach seine Mikrofone vergessen. Dabei hatte eine Nachricht im Zusammenhang mit dem Ausschuss schon kurz zuvor die Gemüter erregt: Im Fall Kurnaz war ein EU-Parlamentsgremium zu dem Schluss gekommen, dass die alte Bundesregierung 2002 dem in Guanánamo eingekerkerten Deutsch-Türken ihre Hilfe verweigerte. SPD-Mann Scholz wollte sich seine gute Laune trotzdem nicht verdrießen lassen. "Unser Treffen hier war so erfolgreich, das werden wir sicher wiederholen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort