Kleider machen Leute?

TRIER. Typisch deutsch - was ist dran am Klischee von der Biertrinker und Lederhosen-Nation? In einer wöchentlichen Kolumne lässt der TV Ausländer zur Wort kommen, die die kleinen kulturellen Unterschiede auf die Schippe nehmen. Heute macht sich Przemyslaw Lebzuch aus Polen Gedanken über deutsche Kleidung:

Wenn es um die Kleidung geht, denken wahrscheinlich die meisten Deutschen, dass sie sich von den anderen Europäern nicht besonders unterscheiden. Die weniger bescheidenen würden vielleicht sagen: Doch, wir sind anders. Natürlich sind wir besser und eleganter angezogen als alle anderen Nationen. Schließlich wohnen wir, abgesehen von der vorübergehenden wirtschaftlichen Flaute, in einem reichen Land. Da kann man auch nicht widersprechen. Man kann ohne Zweifel feststellen, dass auch die Trierer durchaus schick gekleidet sind. Kann man in der Hinsicht überhaupt noch etwas Lustiges über die Deutschen sagen? Doch. Da gibt es einiges. Als ich zum ersten Mal in Trier mit einem Bus gefahren bin, ist mir ein junger Mann aufgefallen, der dreckige Arbeitsklamotten anhatte. Ein Spaßvogel - dachte ich zuerst. Bestimmt hat er vergessen, sich umzuziehen und muss jetzt ganz schmutzig von der Arbeit nach Hause fahren. Was sehe ich eine Minute später? An der nächsten Haltestelle steigen drei weiteren Typen ein, die ebenfalls schmutzige Arbeitskleidung anhaben. Eines ist mir klar geworden: die Trierer Arbeiter und Azubis zeigen gerne, dass sie einen schweren und schmutzigen Job haben. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe absolut gar nichts gegen die Arbeiterklasse und bin der Meinung, dass man sich wegen keiner ehrlichen Arbeit schämen muss, aber warum soll ich gleich der ganzen Welt zeigen, wie ich mein Geld verdiene? Außerdem finde ich es seltsam, dass die Busfahrer kaum auf die schmutzige Garderobe der Passagiere achten, während Fastfood im Bus streng verboten ist. Mittlerweile wundert es mich nicht mehr so sehr, denn ich sehe darin auch Vorteile. Sollte mein Türschloss kaputtgehen, weiß ich direkt, an welchen Nachbarn ich mich wenden soll, um es reparieren zu lassen. Und sollte ich einen Anstreicher für meine Wohnung benötigen, brauche ich mich auch nur im Bus umzusehen. Sehr praktisch, oder? Przemylsaw Lebzuch (28) lebt seit fünf Jahren in Trier und studiert Politik. Er stammt aus Katowice in Polen.

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