Kleines großes Problem

Mit der apokalyptischen Flutwelle in Südostasien sind die deutschen Probleme mikroskopisch klein geworden. Diese verständliche Wahrnehmung dürfte sich allerdings schon sehr bald relativeren. Nicht nur, dass der Berliner Politikbetrieb wieder aus der Feiertagsruhe erwacht.

Morgen wird die Nürnberger Bundesagentur ihre neuesten Daten vom Arbeitsmarkt vorlegen. Und die sind nach Lage der Dinge alles andere als ersprießlich. In diesem Winter könnte sogar die Schallmauer von fünf Millionen Arbeitslosen erreicht werden, weil nach der gerade in Kraft getretenen Hartz-IV-Reform erstmals mehrere Hunderttausend erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger in der Statistik auftauchen. Das ist ein ehrlicher Ansatz, aber psychologisch verheerend. Umso stärker dürfte sich der Fokus auf die praktischen Wirkungen der größten arbeitsmarktpolitischen Umwälzung seit Bestehen der Bundesrepublik richten. Doch genau dafür sind nicht nur die jüngsten Computerpannen ein schlechtes Omen. Wenn Wirtschaftsminister Clement verkündet, dass die Vermittlungsarbeit der Agenturen erst in der zweiten Jahreshälfte richtig in Schwung kommt, dann gesteht er ein, dass die Betroffenen mindestens ein halbes Jahr lang alle Zumutungen ohne Aussicht auf Besserung schlucken müssen. Dabei sollten finanzielle Einschnitte und effektive Förder- und Vermittlungsmaßnahmen von Anfang an zwei Seiten einer Medaille bilden. So war es wohl auch kein Zufall, als der Kanzler dieser Tage die Verantwortung für Hartz IV allein bei Clement festmachte. Eine untaugliche Taktik. Geht die Sache schief, ist es mit einem Bauernopfer nicht getan. Für Erfolg oder Misserfolg der Hartz-Reform hat die gesamte Regierung gerade zu stehen - allen voran Gerhard Schröder. nachrichten.red@volksfreund.de

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