"Kluge Entscheidung"

BERLIN. Das Ende der als "Informationsveranstaltungen" getarnten Streiks beim Opel-Werk in Bochum hat in Berlin Erleichterung ausgelöst. Bundeskanzler Gerhard Schröder begrüßte am Mittwoch in einer Stellungnahme die "kluge Entscheidung" der Arbeitnehmer.

Jetzt müssten die Verhandlungen weitergehen mit dem Ziel, "so viele Arbeitsplätze wie irgend möglich" zu sichern. Schröder fügte hinzu, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement sei mit "den Verhandlungspartnern" in ständigem Kontakt. Um diese Verhandlungspartner hatte es zuvor Irritationen gegeben, da die Bundesregierung nicht mitteilen wollte, auf welcher Ebene Clement seine Gespräche führt. Auch auf mehrfaches Nachfragen sagte Clements Sprecherin nur, der Minister rede mit "verantwortlichen Persönlichkeiten". Offenbar handelt es sich dabei aber nur um die zweite Führungsetage des Opel-Eigners General Motors (GM), der im amerikanischen Detroit beheimatet ist und in Zürich den Europasitz hat. Im Gegensatz dazu hat sich der schwedische Regierungschef Göran Persson (auch das schwedische Tochterunternehmen Saab ist von Kürzungen betroffen) persönlich in die Verhandlungen mit den GM-Chefs eingemischt. In Berlin wurde am Mittwoch die Vermutung geäußert, General Motors sei womöglich "nicht sehr interessiert" an Gesprächen mit Clement, weil die Bundesregierung den GM-Managern mehrfach "eklatantes Versagen" vorgeworfen habe. Auch in der "Aktuellen Stunde" des Bundestages zur Opel-Krise bekräftigte Clement am Nachmittag seine Auffassung, wonach das Missmanagement bei General Motors "unstrittig" sei. Fast im Jahres-Rhythmus seien die Vorstände ausgewechselt worden, und die Modellpolitik sei auch "nicht nachvollziehbar" gewesen. Nach dem Ende der Arbeitsniederlegungen keime jetzt aber die Hoffnung, dass alle Standorte in Deutschland gehalten und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden können. Nachdrücklich betonte Wolfgang Clement in diesem Zusammenhang die Stärke des Automobil-Standortes Deutschland. Er kenne weltweit keinen Standort, "wo die Kompetenz besser ist als in Deutschland". Demgegenüber hielten ihm die Wirtschaftspolitiker der Opposition vor, die schlechten politischen Rahmenbedingungen seien mitverantwortlich für die Krisen bei Opel oder auch bei Karstadt und anderen Unternehmen. Insbesondere das deutsche Mitbestimmungsmodell müsse hinterfragt werden, sagten Dagmar Wöhrl (CSU) und Rainer Brüderle (FDP). Der Liberale nannte auch die Ökosteuer als einen der Gründe für die flaue Autokonjunktur in Deutschland. Der SPD-Fraktionsvize Rudolf Stiegler wies dies zurück und sprach von Schwarzmalerei. Gerade in solch schwierigen Zeiten wüssten die Menschen Mitbestimmung und Kündigungsschutz zu schätzen. Zuvor hatte der Parlamentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt (SPD) Bürgschaften der Bundesländer für die Opelwerke ins Gespräch gebracht. Der Bund habe diese Möglichkeit allerdings nicht.

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