Koch, Kellner und Kartoffelsuppe - Erste Sondierung zwischen SPD und CDU endet mit Vertagung

Berlin · Drei Stunden lang haben Unions- und SPD-Vertreter miteinander gesprochen. Gibt es genügend Übereinstimmung für eine gemeinsame Regierung? Offenbar gibt es weiteren Gesprächsbedarf. Eine zweite Runde ist terminiert worden.

Berlin. Ein paar kleine Demonstrationen gibt es in der Umgebung. Eine Initiative für mehr Bürgerbeteiligung steht mit ihren Plakaten in der Herbstsonne an der Absperrung: "Volksbegehren in den Koalitionsvertrag". Ansonsten ziehen nur Touristen ihre übliche Bahn um den Reichstag. Ein paar winken, als sie Angela Merkel gegen 16.15 Uhr in ihren Wagen steigen sehen. Wären da nicht die vielen Kameras vor der Tür der Parlamentarischen Gesellschaft, man würde nicht merken, dass hier etwas Wichtiges geschieht: Der Versuch von CDU, CSU und SPD, eine gemeinsame Regierung für Deutschland zu bilden.
Allerdings bleibt es zunächst bei dem Versuch. Alles ist angesprochen worden, nichts entschieden. Und man trifft sich noch ein zweites Mal, um zu beraten, ob es sich überhaupt lohnt, weiter zu reden. So die dürftigen Mitteilungen nach drei Stunden. "Es macht Sinn, und es ist notwendig, weiter zu sondieren", fasst CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe das magere Ergebnis zusammen. Aber man kann es auch anders lesen. Hier zerschneiden zwei das Tischtuch nicht, obwohl vor allem die Basis der SPD dagegen ist, dass ihre Führung etwas mit der Union anfängt.
Die Inszenierung dieses Tages passt zur Ausgangslage. Die Union will regieren, ziemlich egal mit wem, die SPD ist sich unschlüssig. Man sieht es zu Beginn. Die 14 Teilnehmer der Unionsdelegation stolzieren regelrecht in das Beratungsgebäude. Merkel in der Mitte, Seehofer und die ganze Phalanx neben und leicht hinter ihr. So gehen sie auf die Kameras zu. Merkel trägt eine große Handtasche, in die sie noch viele Gegner stecken kann. Als die Gruppe das Gebäude der Parlamentarischen Gesellschaft betritt, öffnet sich das große, ausladende Tor der Einfahrt.Erst klingeln, dann warten


Die SPD-Delegation hingegen kommt verdruckst wie der Kunde einer schlecht beleumundeten Bar. Zehn Minuten vor der Union. Die sieben Verhandlungsführer gehen wortlos hintereinander an den Medienvertretern vorbei. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat die Hände in der Hosentasche. Nur Sigmar Gabriel sagt einen Satz. Was er erwarte? "Dass das Wetter so schön bleibt." Das Tor zur Parlamentarischen Gesellschaft ist da noch zu, die Sozialdemokraten nehmen die kleine Tür, die eigentliche Eingangstür, aber deutlich weniger repräsentativ. Sie müssen erst klingeln und warten, ehe sie aufgeht. Wie 2005, als es zwischen Merkel und Stoiber auf der einen, Schröder und Müntefering auf der anderen Seite eine Begegnung auf Augenhöhe war, wirkt das nicht.
Am Tisch ist die Stimmung nicht schlecht. Sachlich, freundlich. "Es war schön und schnell", ruft Peter Ramsauer der Presse bei der Abfahrt zu. Man sitzt im Karree, im Raum "Berlin" des ehemaligen Reichstagspräsidentenpalais. Merkel am einen, Gabriel am anderen Ende. Mitarbeiter müssen draußen bleiben. In einer Pause gibt es Kartoffelsuppe. Und Pflaumenkuchen. Merkels märkische Lieblingsspeisen. Sie ist die Einladende.
Über die Inhalte wird Vertraulichkeit vereinbart. Nahles und ihre Kollegen von der Union nennen nur die Themen, über die man geredet hat. Bildung, Föderalismus, Arbeitsmarkt, Euro, Finanzen, Energie, Infrastruktur, Soziales. Alles wird angerissen. Nichts ausdiskutiert. Es gebe Felder, wo man Gemeinsamkeiten festgestellt habe, "aber auch solche, die strittig sind", sagt Nahles. Alexander Dobrindt (CSU) drückt es so aus: "Zumindest ist die Zahl der potenziellen Koalitionspartner nicht weniger geworden."
Nächsten Donnerstag sind am gleichen Ort die Grünen dran. Womöglich mit dem gleichen Ergebnis. Die Prophezeiung von Nahles, die Regierungsbildung könne sich sogar bis Januar hinziehen, ist jedenfalls nicht ganz abwegig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort