Konsumenten erhalten mehr Rechte

BERLIN. Die Interessen der Verbraucher erhalten künftig mehr Gewicht. Das Bundeskabinett verabschiedete gestern einen nachgebesserten Entwurf zum Verbraucherinformationsgesetz, mit dem die Bürger einen begrenzten Auskunftsanspruch gegenüber Behörden erhalten.

Die Vorlage soll besonders in der Lebensmittelbranche für mehr Transparenz sorgen. Das Gesetz war bereits im September des vergangenen Jahres vom Bundesrat verabschiedet worden. Bundespräsident Horst Köhler hatte sich jedoch damals wegen verfassungsrechtlicher Bedenken geweigert, die Beschlussvorlage zu unterzeichnen. Auslöser war die Föderalismusreform, nach der der Bund den Kommunen keine Aufgaben auf direktem Weg übertragen darf. In der überarbeiteten Fassung, die Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) nun als verfassungsfest einstuft, wurden deshalb die Länder für eine Herausgabe der Informationen dazwischengeschaltet. Für den Verbraucher ändert sich dadurch nichts. Gegen den Widerstand der Opposition gab es auch keine inhaltlichen Nachbesserungen. So bleibt es dabei, dass Behörden verpflichtet werden, Verbraucheranfragen über Lebens- und Futtermittel sowie Bedarfsgegenstände wie Kosmetika, Bekleidung, Spielwaren oder Putzmittel innerhalb von vier Wochen umfassend zu beantworten. Liegt keine Beanstandung vor, können sie dafür auch Gebühren erheben. Gegenüber Unternehmen haben Verbraucher weiterhin keinen Auskunftsanspruch. Allerdings sollen die Behörden die Öffentlichkeit auch unter Namensnennung der Hersteller oder Händler informieren. Behörden müssen grundsätzlich informieren

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen dabei weiter berücksichtigt werden. Das gilt allerdings nicht bei Rechtsverstößen. So darf ein möglicher Schaden für das Unternehmen die Behörden nicht davon abhalten, die Öffentlichkeit zum Beispiel über Gesundheitsgefahren bei Lebensmitteln zu unterrichten. Nach den geltenden Bestimmungen können mit Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht behaftete Produkte nur dann genannt werden, wenn sie noch im Handel sind. Künftig müssen die Behörden bei Verstößen grundsätzlich informieren. Damit können zum Beispiel Fleischbetriebe, deren verdorbene Ware bereits aus den Regalen genommen wurde, auch nachträglich an den Pranger gestellt werden. Den Kritikern gehen die Bestimmungen nicht weit genug. "Der Entwurf macht es den Behörden leicht, Verbrauchern Informationen zu verweigern", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, unserer Zeitung. Unternehmen seien überhaupt nicht zur Auskunft verpflichtet. Vielmehr hätten Betriebsgeheimnisse Priorität gegenüber den Informationen der Verbraucher. "So wird Missbrauch und Geheimniskrämerei Tür und Tor geöffnet. Da laufen die Verbraucher gegen eine Wand des Schweigens", meinte Höhn. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beklagte den eingeschränkten Geltungsbereich des Gesetzes. Nicht erfasst sind zum Beispiel Sportartikel, Dienstleistungen und klimabelastende Produkte wie Kühlschränke. Bei Werkzeugen hätten die Konsumenten ebenfalls kein Auskunftsrecht. So seien bei einem solchen Produkt erst kürzlich Krebs erregende Weichmacher in den Kunststoffgriffen festgestellt worden. Horst Seehofer sprach von einem effektiven und praktikablen Gesetz. Nachbesserungen wollte er aber nicht ausschließen. Sollten nach zwei Jahren Erfahrung Korrekturen notwendig sein, werde das Ministerium entsprechende Vorschläge unterbreiten.

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