Coronavirus Im Privaten gilt eine Empfehlung, kein Verbot

Trier · Warum die Kontaktbeschränkungen in den eigenen vier Wänden nicht kontrolliert werden, aber trotzdem Strafen drohen könnten.

 Öffentlicher Alkoholgenuss kann verboten werden. Rechtliche Beschränkungen im Privaten sind dagegen verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen.

Öffentlicher Alkoholgenuss kann verboten werden. Rechtliche Beschränkungen im Privaten sind dagegen verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen.

Foto: dpa-tmn/Uwe Zucchi

Man darf sich nicht mit mehr als einer weiteren Person treffen. Das gilt auch zu Hause, in den eigenen vier Wänden. Wirklich? Immer wieder gibt es Irritationen darüber, ob die sich häufig veränderten Kontaktbeschränkungen auch im Privaten gelten. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat bereits zu Beginn der Pandemie im vergangenen Jahr stets betont: „Privat ist privat, und dass die Polizei nicht an der Wohnungstür klingele, um zu kontrollieren, ob sich die Bewohner an die gerade geltenden Kontaktbeschränkungen hielten. Jedenfalls so lange nicht, so lange es keinen Anlass für eine Kontrolle gebe. Wenn also die Nachbarn die Polizei oder das Ordnungsamt rufen, weil nebenan mitten in der Nacht lautstark Party gefeiert wird, dann kann es passieren, dass es die Ordnungshüter vor Ort nicht nur beim Ermahnen lassen, die Musik leiser zu drehen und ruhiger zu feiern, sondern auch die Corona-Bekämpfungsverordnung vollstrecken. Dann nämlich, wenn sie feststellen, dass sich die Feiernden nicht an die aktuellen Kontaktbeschränkungen halten.

Momentan heißt das: Ein Haushalt darf sich mit maximal einer weiteren Person treffen. Dabei ist übrigens laut Landesregierung egal, wo das Treffen stattfindet. Entgegen der Annahme vieler Menschen, dass damit ja immer nur ein Haushalt mit mehreren Personen eine weitere Person empfangen darf, gilt das aber auch umgekehrt. Also eine Person darf auch einen weiteren Haushalt bei sich zu Hause empfangen. Aber eben nicht mehr Personen. Ausschlaggebend ist eben, dass sich es sich tatsächlich um einen Haushalt handelt, also Personen, die zusammen in einer Wohnung leben. Das muss nicht zwangsläufig eine Familie sein. Auch eine Wohngemeinschaft gilt im engeren Sinn als ein Haushalt. Allerdings nur die Personen, die dort dauerhaft leben. Freunde, die übers Wochenende zu Besuch kommen und übernachten, zählen nicht zum Haushalt.

Aber gelten die Kontaktbeschränkungen eigentlich im Privaten oder sind es nur Empfehlungen? In der seit Montag dieser Woche geltenden 15. Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes heißt es: „Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine oder mit den Angehörigen des eigenen Haus­stands und einer Person eines weiteren Haus­stands gestattet, wobei deren Kinder bis einschließlich sechs Jahre bei der Ermittlung der Personenanzahl außer Betracht bleiben.“ Von privater Wohnung ist also nicht die Rede. Auf ihrer Homepage schreibt die Landesregierung unter der Überschrift „Was gilt im Corona-Winter?“ folgendes zu den Kontatktbeschränkungen: „Auch für den privaten Bereich gilt der Grundsatz ,Wir bleiben zu Hause’. Daher sollen Zusammenkünfte nur mit dem eigenen Haus­stand und einer weiteren Person stattfinden.“

Sollen klingt nicht nach Verbot. Wir haben beim Corona-Kommunikationsstab der Landesregierung nachgefragt. „Rechtsverordnungen sind wie Gesetze Rechtsnormen und in gleicher Weise wie diese verbindlich“, teilt ein Sprecher mit. „Sie sind zu beachten und zwar unabhängig davon, ob die darin enthaltenen Regelungen straf- oder bußgeldbewehrt sind. Es handelt sich nicht wirklich um unverbindliche Empfehlungen. Dies gilt auch für sogenannte Soll-Regelungen.“ Intention einer solchen Soll-Regelung sei, auch an das Verhalten der Bürger zu appellieren.

Gleichzeitig macht der Sprecher der Landesregierung klar, dass wie seit Beginn der Pandemie gelte, „dass wegen des hohen Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung in der Verfassung keine Kontrolle in Rheinland-Pfalz im privaten Bereich stattfindet“. Das „war so und es ist so“, ergänzt der Sprecher.  Unabhängig davon stehe es den kommunalen Ordnungsbehörden frei, „im Sinne des Infektionsschutzgesetzes einzugreifen“, etwa bei Lärmbelästigung.

Rechtsanwälte sind sich einig: Die Regeln stellen für den privaten Raum keine rechtlichen Beschränkungen dar, es sei lediglich eine dringende Empfehlung, lautet die Einschätzung der Anwaltskanzlei Bernhard Korn & Partner aus Bad Keuznach. Und weiter: „Zu Hause darf man sich im Rahmen einer privaten Zusammenkunft mit jedem und so vielen Menschen wie man selbst verantworten möchte treffen.“ Rechtliche Beschränkungen im Privaten seien verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigen, so die Bewertung der Rechtsexperten.

Auch wenn es keine Kontrollen ohne Anlass in der Wohnung gebe, gelte „die dringende Empfehlung“, die Kontaktbeschränkungen „unbedingt einzuhalten, um die Inzidenzen zu verringern und weitere Infektionsketten zu verhindern“, mahnt der Sprecher.

Laut Stadtverwaltung Trier hat es solche Einsätze des städtischen Ordnungsamtes in den vergangenen Wochen zwei Mal gegeben. Ein Betreten der Wohnung sei dabei nicht erforderlich gewesen. „Die betreffenden Personen wurden auf die dringende Empfehlung des Gesetzgebers hingewiesen, Kontakte auch in Privaträumen auf ein Minimum zu begrenzen“, sagte ein Rathaus-Sprecher.

Übrigens gelten die Kontaktbeschränkungen streng genommen auch für Fahrgemeinschaften. Diese sind zwar weiterhin gestattet. Aber auch hierfür empfiehlt die Landesregierung, die „maximale Anzahl pro Fahrzeug sollte auf zwei Personen beschränkt sein“. Und: „Nicht zwingend notwendige (Privat-)Fahrgemeinschaften sollten zugunsten einer weiteren Kontaktreduzierung vermieden werden.“

Siehe auch Leserbriefe Seite 33

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