Konter mit Schwarzbuch

Sein Ziel hat der Chef der Linken, Oskar Lafontaine, erreicht: Das Angebot, Kurt Beck und die SPD zur Kanzlerschaft zu verhelfen, versetzte die Sozialdemokraten auch noch in helle Aufregung.

Berlin. (has) Die SPD plant den Gegenschlag: Die Bundestagsfraktion will nach Informationen unserer Zeitung möglichst schnell mit einem "Schwarzbuch" gegen die neue Linke Front machen, um so wieder in die Offensive zu kommen. Lafontaine hatte gesagt, Beck könne sich zum Kanzler wählen lassen, wenn die Rente mit 67 und die Arbeitsmarktreform Hartz IV gekippt sowie die deutschen Soldaten aus Afghanistan abgezogen würden. "Wir werden nicht den Fehler begehen, diese Gruppierung aufzuwerten", meinte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil: "Das nehmen wir nicht so ernst", ergänzte die künftige SPD-Vizechefin Andrea Nahles. "Wir lassen uns auch keine Forderungen stellen von Oskar Lafontaine, die nicht ernst gemeint sind." Die SPD müsse sich inhaltlich mit der neuen Partei auseinander setzen, betonte sie. Das "Schwarzbuch" gegen die Roten soll nun noch vor der parlamentarischen Sommerpause veröffentlicht werden. Das sei so mit SPD-Fraktionschef Peter Struck abgesprochen worden, hieß es. Zahlreiche Argumente gegen die neue Linke werden in der Broschüre zu finden sein. Vor allem wollen die Sozialdemokraten Kosten und Folgen aufzeigen, wenn die Programme in konkrete Regierungspolitik umgesetzt werden müssten. "Die Linke entzaubert sich immer selber dann, wenn es konkret wird. Wenn sie sagen muss, wie alles finanziert werden soll", so SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Rolf Stöckel zu unserer Zeitung. Stöckel, auch Vorsitzender der einflussreichen nordrhein-westfälischen SPD-Landesgruppe im Bundestag, schloss zwar weitere Koalitionen seiner Partei in Ostdeutschland mit der neuen Linken nicht aus.Union wittert Chance auf Wahlkampfschlager

"Im Osten sind die Verhältnisse anders", so Stöckel. Im Westen und auf Bundesebene seien solche Bündnisse hingegen nicht realistisch. Linksparteichef Oskar Lafontaine wisse genau, "dass wir wichtige sozialpolitische Reformen nicht zurückdrehen, und dass wir auch unsere internationale Verantwortung im Ausland wahrnehmen werden". Doch Lafontaines "vergiftetes Angebot" (Juso-Vorsitzender Björn Böhning) zeigt Wirkung: Erneut gibt er den Ton vor, nach dem die SPD tanzt - so aufgeregt waren die Reaktionen. "Bei denen herrscht derzeit doch die totale Nervosität", spottete der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch. Beim Koalitionspartner beobachtet man genau, wie die SPD reagiert: "Ich bin gespannt, ob sie der Versuchung bei den kommenden Wahlen im Westen widersteht oder am Ende dann doch noch einknickt", stichelte CDU-General Ronald Pofalla. Bei der Union wittert man allerdings auch die Chance auf einen neuen/alten Wahlkampfschlager: Mit der Angst vor einem geballten Aufmarsch der Roten lässt sich Stimmung machen - und vielleicht sogar die Rückkehr der "roten Socken" beschwören.

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